Klima-Zug nimmt Fahrt auf
Von Dietrich Jörn Weder
Es gibt keinen Zweifel: Die Erderwärmung ist voll in Fahrt gekommen, zunehmende Emissionen beschleunigen sie noch, Notbremsen gibt es nicht. An vielen Orten der Erde werden dieser Tage Temperaturen gemessen, die die Menschen dort nie zuvor erlebt haben. Als krasses Beispiel seien vorher nie erreichte 52,2 Grad Celsius in einem abgelegenen Ort im nordwestlichen China genannt.Auf weltweites Umschwenken nicht warten!
Der lange vorhergesagte und lange von vielen nicht geglaubte Klimawandel macht sich in jedermanns Alltag bemerkbar und ist auf Jahre hin unentrinnbar. Mit dem Menschen leidet auch die Natur, Wälder brennen, Meere sind in ihrer obersten Schicht warm wie Badewasser. 32 Grad Celsius wurden in der Karibik vor der Küste Floridas gemessen. Der Pazifik heizt mit seiner in Abständen wiederkehrenden oberflächlichen Erwärmung die Atmosphäre gerade zusätzlich auf.
Was die Bevölkerung vieler Länder schwitzen lässt, lässt manche Regierungen bislang noch kalt. Die Regierungen Chinas und Indiens, zweier Milliarden-Völker, glauben sogar das Recht zu haben, noch mehr fossile Energie als bisher verbrennen zu dürfen. Das wird ihnen nicht bekommen, aber uns leider auch nicht. Wo man tags nicht mehr hinauskann, um die Felder zu bestellen, gibt es aber vielleicht doch noch ein Erwachen.
Auf eine weltweite Klima-Erweckungsbewegung sollten wir in Deutschland aber nicht warten. Auf allen neuen Häusern und allen passenden Dächern bestehender Gebäude sollten wir Solar-Panels installieren. Im Freiland bringen sie die zehnfache Energiemenge, wo sie den Anbau von Silo-Mais zur Vergärung ersetzen. Nur noch wirklich schwerwiegende Einwände – keine einzelnen Haselmäuse oder Rotmilane – sollten den Bau neuer Windräder aufhalten.
Wohnungen mit Strom vom Dach kühlen!
Nur so gewinnen wir genug erneuerbare, klimaschonende Energie, um zumindest unsere Kraftfahrzeuge elektrisch zu bewegen. Und allein schon das wäre eine große Sache. Die Kühlung unbeschatteter, sommerheißer Wohnungen mit Klimageräten werden sich die Deutschen kaum nehmen lassen. Auch das lässt sich nur mit ausreichend Solar- und Windstrom vor dem eigenen Klima-Gewissen vertreten.
Die Straßen und Flugplätze blockierende „letzte Generation“ würde gerne viel weitergehen und uns zu einem Verzicht auf Vieles nötigen, Autofahren und Fliegen eingeschlossen. Da mag jeder, der es will und sich leisten kann, mitgehen. Mit derart radikalen Vorschriften für alle würde aber jede Regierung in Berlin politischen Selbstmord begehen. Die Debatte um das Gebäude-Energie-Gesetz hat der Ampelkoalition die rote Linie des im Augenblick Zumutbaren aufgezeigt, die sie besser vorerst nicht überschreitet.
Technisch und industriell stark bleiben!
Im Übrigen ist von fast allem abzuraten, was die industriellen Fähigkeiten und die Export-Stärke der Bundesrepublik schwächt. Es sind eben diese technischen und finanziellen Möglichkeiten, die uns anders als manch anderes Land den Klimawandel eher bewältigen lassen. Wer saubere Technik nicht herstellen und nicht finanzieren kann, ist nur ein Klimaschutz- Möchtegern.
Unser nur zweiprozentiger Anteil an den temperatur-treibenden Welt-Emissionen kann allein das Blatt des aus dem Ruder laufenden Wettergeschehens nicht wenden, schon gar nicht von Heute auf Morgen. Leider!
Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten