Wie er wirklich wohnte
Von Klaus Nissen
Eine Jugendliebe schildert bislang unbekannte Episoden aus Presleys Zeit in der Wetterau. Die Verehrung des – angeblich – 1977 in Memphis gestorbenen Sängers und Schauspielers Elvis Presley ist in Bad Nauheim und Friedberg besonders groß. Denn dort lebte der Weltstar ab 1958 fast zwei Jahre lang als Wehrdienstleistender. Viele Menschen konnten Elvis persönlich erleben. Nun bereichert das Buch seiner Jugendliebe Heli von Westrem den riesigen Anekdotenschatz um einige intime Details.Elvis Presley in der Wetterau
Elvis war 23 und Heli 15 Jahre jung, als sie sich trafen. Das Frankfurter Mädchen stammt aus bester Familie: Der Vater Gero Priemel arbeitete als Filmregisseur bei der Ufa, der Opa war Zoodirektor. Die Eltern ließen zu, dass ihre minderjährige Tochter Heli im Mai 1959 unter Obhut der älteren Schwester Isa in einem schicken Opel Kapitän mit Weißwandreifen zur gemieteten Villa des Stars nach Bad Nauheim fuhr. Elvis biss an: Er stieg mit einem Leibwächter in den Opel. Man fuhr zu einer Eisdiele und dann auf den Johannisberg. Heli schwärmt noch 61 Jahre später von diesem Tag: „Elvis und ich, die wir ja auf der hinteren Bank saßen, küssten uns und vergaßen alles um uns herum.“
Bald durfte Heli auch ins Elvis-Haus an der Goethestraße 14. Darin sah es anders aus, als sie gedacht hatte: „Heruntergekommene Möbel, vermutlich aus den 20er, 30er Jahren. Ein zerschlissenes Sofa, auf dem sich die Leibwächter lümmelten, die Beine auf dem Tisch. Ein altes Klavier in der Ecke gleich neben der Tür. Da die Rollläden immer geschlossen waren, brannte von der Decke ein grelles Licht.“ Neben dem unwirtlichen Wohnzimmer lag eine kleine, spartanisch eingerichtete Küche, in der Elvis‘ Oma Minnie Mae werkelte – „ eine verkniffene hagere Frau, die ständig Hamburger zu braten schien.“ Der großbürgerlich-elegante Teenager Heli empfand das als einfallslos und ärmlich. Und erfuhr, warum Elvis lange nach der Liebelei gewaltig aus dem Leim ging. Er liebte als Dessert nämlich Minnie-Maes Bananen-Sandwiches: Zwei Weißbrotscheiben werden dick mit Erdnussbutter bestrichen und mit gebratenem Speck und Bananenscheiben zusammengeklappt kurz gebraten. Eine echte Kalorienbombe.
Seine Brust war haarlos
Damals schlug sie noch nicht so sehr an, und Heli hatte nach ihrer eigenen Erinnerung tolle Zeiten mit dem sexiest Man alive. Seine Brust war haarlos, erfahren wir im Buch. Und beim ersten Petting in seinem Schlafzimmer fragte er sie, ob er sie nicht zu sehr bedränge. Der Leser erfährt etwas über die Unterwäsche-Vorlieben des Stars, und überhaupt: Er war ein zärtlicher Liebhaber und keineswegs eingebildet. Letzteres bestätigen viele Wetterauer, denen Elvis damals begegnete.
Wenn sie nicht schmusten, übten die Liebenden beim legendären Karate-Lehrer Jürgen Seydel den Faustkampf. Heli weiß noch: „Besonders beeindruckt hat mich, dass Elvis tatsächlich dicke Holzplatten mit einem Hieb zerschlagen konnte!“ Manchmal spielte er ihr auf dem Klavier im schäbigen Wohnzimmer auch mal einen neuen Song vor. Zum Beispiel „A big hunk ‚ love“, dessen Single-Cover den Weltstar in Uniform vor der Bad Nauheimer Zehntscheune zeigt. Heli wusste nicht, was „hunk“ bedeutet. Da klopfte Elvis ihr auf den Hintern. Zeichensprache. Das Deutschlernen war seine Sache nicht, berichtet die Geliebte.
Keine große Liebe ohne Stachel. Der hieß – und heißt – in diesem Falle Priscilla. Die spätere Ehefrau von Elvis tauchte ebenfalls 1959 in Bad Nauheim in Presleys Leben auf. Der Leibwächter Grant Currie führte nach Helis Erinnerung ein 14-jähriges, nur 1,50 Meter kleines Mädchen ins Wohnzimmer. Heli: „Abgesehen davon, dass sie so klein war, war sie auch ziemlich albern verkleidet und trug zudem weiße Söckchen … einen solchen ,Look` fand Elvis überhaupt nicht ,sexy`.“ Er habe sich nicht weiter um das Mädchen gekümmert. Es sei gelogen, dass er Priscilla schon eine halbe Stunde nach dem ersten Treffen mit ins Schlafzimmer nahm. Heli: „Ich war den gesamten Abend mit Elvis zusammen!“
Elvis musste Priscilla angeblich heiraten
Trotzdem setzte sich Priscilla Beaulieu am Ende durch. Denn sie war die Stieftochter eines damaligen militärischen Vorgesetzten von Presley, so Heli. Und nach dem Ende des Wehrdienstes konnte sie dem Geliebten in die USA folgen, während Heli Priemel in Frankfurt bleiben musste. Elvis musste Priscilla 1967 heiraten, denn sonst hätte er wegen seiner Affäre mit der Minderjährigen strafrechtliche Probleme bekommen, heißt es im Buch. Schon während der Bad Nauheimer Liaison achtete Elvis darauf, nie allein mit einem jungen Mädchen fotografiert zu werden. Das einzige Bild, das Elvis zusammen mit Heli zeigt, ist ein Gruppenfoto aus dem Pariser Lido. Dorthin war Heli Elvis trotz einer schweren Erkältung zu einem Wochenend-Trip gefolgt. Der war für sie am Ende nicht sehr romantisch.
Auch Elvis‘ Beziehung zu Priscilla hatte kein märchenhaftes Ende. Heli glaubt, dass Elvis seine Frau nicht liebte. Nachdem die gemeinsame Tochter Lisa-Marie geboren war, ließ sich Elvis von Priscilla 1973 scheiden.
Obwohl dann der Weg frei gewesen wäre, kam es nie zu einem Wiedersehen mit Heli. Elvis soll seinem Leibwächter Currie Grant gestanden haben: „The only girl I ever loved, was Heli!“. Doch über den Atlantik hinweg konnte die hübsche Frankfurterin nicht zum Geliebten durchdringen. Sie schrieb ihm zwar Briefe, doch die gingen wohl im gewaltigen Strom der nach Memphis fließenden Fan-Post unter. Die junge Frau wurde Stewardess bei der Air France. Später eröffnete sie mit ihrer Schwester Isa eine Boutique. Heli arbeitete als Mannequin und Moderatorin bei Modenschauen. 1968 heiratete sie den Tennisspieler Rolf Staguhn. 1982 wurde sie Gattin des Opernsängers Rudolf Constantin, der Elvis erstaunlich ähnlich sah, wenn er Backenbart-Koteletten trug. Inzwischen lebt Heli von Westrem (der Nachname stammt von adligen Vorfahren aus dem Münsterland) als Witwe in einer rheinland-pfälzischen Weingegend. In die Wetterau hält sie Kontakt über ihre Freundin Beatrix van Ooyen. Die Bad Nauheimerin engagiert für das Gedenken an Elvis Presley in ihrer Stadt und veröffentlichte nun Heli van Westrems Erinnerungen an Elvis in ihrem Booy-Verlag.
So war Elvis
„Ein als Rowdy bekannter Halbstarker zerriss das gerade von Elvis freundlich überreichte Wunschautogramm provokativ und genüsslich vor Elvis Augen, woraufhin Elvis wortlos aus seiner Brusttasche einen 50-Mark-Schein nahm und ihn anzündete.“
Dieses und viele andere Zitate von Zeitzeugen aus den Bad Nauheimer Jahren von Elvis Presley stehen im virtuellen Elvis-Museum auf der Seite bad- -nauheim.de. (Die doppelten Bindestriche sind Absicht)
Elvis Aaron Presley (1935 – 1977) wurde 1954 als einer der ersten Musiker der Rockabilly-Bewegung bekannt. Für Furore sorgte er mit seinen ausgesprochen körperbetonten Bühnenauftritten und mit seiner annähernd drei Oktaven umfassenden Stimme. Er galt als Star zum Anfassen und war sich nicht zu schade, vom Oktober 1958 bis März 1960 in der Friedberger Ray-Kaserne seinen Wehrdienst abzuleisten. Presley wohnte in Bad Nauheim zuerst im Hotel Grunewald und dann in einem gemieteten Haus an der Goethestraße. Dort lernte er den hübschen Teenager Heli Priemel kennen und lieben. Die jetzt 76 Jahre alte Heli van Westrem hat ihre Erinnerungen an die gemeinsame Zeit nun im Bad Nauheimer Booy-Verlag veröffentlicht. Das mit zahlreichen Fotos versehene Buch „Elvis & Heli“ hat 210 Seiten und kostet 14,80 Euro. Die ISBN: 978-3-9817809-3-2.