Drei wollen das Beste für die Stadt
Von Klaus Nissen (Moderation), Michael Schlag (Film), Petra Ihm-Fahle und Bruno Rieb (Text und Fotos)
Was sie für Niddatal tun wollen, erzählten Ralf Binsack, Michael Hahn und Bernhard Hertel im Gespräch mit dem Landboten am Mittwoch, 11, März 2020, im Bürgerhaus in Bönstadt. Die drei wollen Bürgermeister des knapp 10000 Einwohner zählenden Städtchens werden oder bleiben. Sie diskutierten wegen des Coronavirus ohne Publikum. Der Landbote hat das komplette Gespräch gefilmt. Es ist hier zu sehen.Fast wie ein Geisterspiel
Die Wahl am Sonntag, 15. März 2020, ist durch das Coronavirus nicht bedroht, sagte der amtierende Bürgermeister Bernhard Hertel während des Gesprächs. Wer sich vor einer Infektion fürchte, könne noch bis 12 Uhr am Wahltag in der Stadtverwaltung die Briefwahl beantragen.
Die Diskussion der drei Bewerber um den Chefsessel im Rathaus war ruhig und sachlich, wohl auch wegen der ungewöhnlichen Atmosphäre im großen Saal des Bönstädter Bürgerhauses ohne Publikum. Fast wie ein Geisterspiel der Fußballbundesliga. Der weit überwiegende Teil der Besucher, die am Eingang des Bürgerhauses abgewiesen werden mussten, zeigte Verständnis für die Entscheidung. Nur wenige meinten, das sei übertrieben. Der Landbote hatte sich am Nachmittag mit den drei Kandidaten verständigt und kurzfristig entschieden, ohne Publikum zu tagen. Kurz zuvor hatte das Gesundheitsamt des Wetteraukreises aufgefordert, auf größere Veranstaltungen zu verzichten.
Hertel, der bereits seit 18 Jahren Bürgermeister ist, möchte gerne weitermachen. Politik sei seine Leidenschaft von früher Jugend an, sagte er. Ums Geld gehe es nicht. Er hätte schon nach der zweiten Amtsperiode ohne finanzielle Einbußen aufhören können, sagte er. Seine Kontrahenten Michael Hahn kennt er schon lange. Der sitze für die CDU im Stadtparlament. „Ich kann Leute begeistern“, hält sich Hahn zugute. Ralf Binsack hebt hervor, dass er keiner Partei angehört und auch von keiner unterstützt wird. Daher sei er niemanden verpflichtet, betont er.
Die Fragen der Bürger
Am Eingang zum Bürgerhaus sammelte der Landbote Fragen der Bürger, die zur Diskussion kommen wollten. Die Fragen wurden während des Gesprächs den drei Kandidaten gestellt.
Ulrich Brück aus Assenheim wollte wissen, wie sich die Kandidaten Binsack und Hahn vorstellen, als Bürgermeister mit einem Parlament zu regieren, in dem sie keine Mehrheit haben.
„Ich stehe dafür ein, mit allen Parteien zu reden“, betonte Hahn. Binsack sah das ähnlich: „Nach meiner Bürgermeisterwahl werde ich mit allen Parteien Gespräche führen.“ Und Hertel erklärte: „Ich kann die beiden Herren nur ermutigen. Ich war 14 Jahre ohne Mehrheit Bürgermeister, also: Es funktioniert.“
Wolfgang Dittrich aus Ilbenstadt wollte Näheres zu der von Hertel vorgeschlagenen Bürgerstiftung wissen. Wie jener erwiderte, sei dies als Projekt von Bürgern für Bürger gedacht und nicht von der Stadt dominiert. Die Stiftung könne beispielsweise in Fällen wie dem Brandfall unterstützen. Nach Ansicht von Hahn biete es sich an, sich in anderen Kommunen wie Wölfersheim und Nidderau zu informieren, da jene eine sehr gute Bürgerstiftungsarbeit hätten.
Murat Mat vom SV Assenheim fragte nach den Fußballplätzen. „Wir haben nur einen Rasen- und einen sanierungsbedürftigen Hartplatz.“ Dies, obwohl der SV als einziger Verein in der Wetterau im Fußball alle Altersklassen besetzt habe. „Was denken die Herrschaften, wie Sie uns helfen können, diese Situation zu verbessern?“
Hertel: „Man muss sich anschauen, in welchem Verein wir welche Klassen besetzt haben. Und wo haben wir eventuell Möglichkeiten, gemeinsam mit den Vereinen darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll ist, sich in den einzelnen Jugend- und Seniorenbereichen zusammenzuschließen.“ Dann könne auch darüber nachgedacht werden, wo in Niddatal vielleicht auch ein Kunstrasenplatz realisierbar wäre – der eine oder andere Platz könne dann anders genutzt werden. Der Platz in Assenheim gehöre dem Wetteraukreis, der auf dem Standpunkt stehe, dass die Sanierung Sache der Stadt sei. Das könne es aber nicht sein, unter anderem auch deshalb, da die Geschwister-Scholl-Schule in ihrem Profil stehen habe, eine Sportschule zu sein.
Binsack plädierte ebenfalls dafür, sich mit Stadt, Kreis und Vereinsmitgliedern an einen Tisch zu setzen. „Man könnte auch darüber diskutieren, ein größeres Vereinshaus zu schaffen, das am frühen Nachmittag als Jugendzentrum fungieren und später von den Vereinsmitgliedern genutzt werden könnte.“ Und Hahn betonte, dass es nicht nur um die Kicker gehe, sondern auch um die Tennissportanlage und die Leichtathletik des TV Assenheim. „Die ganze Anlage muss aufgewertet werden“, sagte er. Ein Kunstrasenplatz schließe die Sportart Speerwurf aus, fügte er hinzu.
Thomas Gerbig (Kaichen) hakte hinsichtlich der Feuerwehrzufahrt nach: „Wann wird sie asphaltiert? Derzeit ist sie nur geschottert.“
Hertel erklärte, dass in Kaichen eine Biogasanlage entstehen sollte. „Im Rahmen dieses Projekts war mit dem Betreiber vereinbart, dass er die Einfahrt herstellt.“ Darauf warte die Stadt nach wie vor, es sei aber ein Dilemma, da die Umsetzung der Biogasanlage immer wieder verschoben werde. Hahn bestätigte dies: „Wir warten noch, um die Bürger nicht zu belasten.“
Muss den Film noch anschauen, aber scheint, so wie eingangs berichtet, fair, sachlich und ruhig abgelaufen zu sein.
Herr Hahn hat mit vertieftem Wissen sowohl was die Probleme in der Stadt als auch was die Verwaltungserfordenisse angeht. Er fällt durch sehr pragmatische Loesungsvorschlaege auf. Man kann sich von ihm Beschleunigung von Vorhaben vorstellen, wenn er nicht durch zu viel Bürokratie gehindert wird. Es ist ihm zu wünschen, dass seine Partei eine Mehrheit bei der nächsten Kummunalwahl erreicht, damit er mit seinen Ideen voran kommt.
Erst mal dem Landboten-Team vielen Dank, dass sie dieses Gespräch möglich gemacht haben und allen hier zur Verfügung stellen. Somit können sich viele von allen Kandidaten ein Bild machen.
Auch für mich war Herr Hahn mit seinem Wissen, was Niddatal und auch deren Verwaltung angeht, vorne dran. Mit seinen neuen Ideen, die er auch im Wahlkampf dargestellt hat, kann es endlich zu einem Miteinander in Niddatal kommen. Auch bei der nächsten Kommunalwahl wäre es zu wünschen, dass seine Partei eine Mehrheit bekommt, damit es für alle Niddataler endlich ein „gemeinsames Niddatal“ wird.
Wichtig ist vor allem: Wählen gehen, egal wie, ob Briefwahl oder in den entsprechenden Wahlorten. Nur durch Ankreuzen kann man auch mitgestalten.
Vielen Dank für die Durchführung der Podiumsdiskussion, auch bei den widrigen Umständen, und der Veröffentlichung im Netz an den Landboten!
Wo können die Antworten zu abgegeben Fragen nachgelesen werden? Diese wurden im Beitrag nicht behandelt. Oder doch wieder Brot und Spiele für das Volk?
Es konnten in der Diskussionsrunde leider nicht alle abgegebenen Fragen behandelt werden. Welche Frage haben Sie? Vielleicht beantwortet sie noch der ein oder andere Bewerber in dieser Kommentarspalte.
Guten Tag,
die Einladung des „Landboten“ zu einer Diskussion mit den Bewerbern um das Amt des Niddataler Bürgermeisters hat mich sehr interessiert – und auch bewegt. Diese Veranstaltung zeigt überdeutlich die Veränderung der Publizistik durch digitale Medien. Offensichtlich sind die kümmerlichen Reste der Printmedien im Wetteraukreis nicht mehr in der Lage, solche Bürgerforen zu politischen Wahlen zu organisieren. Ich behaupte, dass bei vielen Bürgern aber nach wie vor der Wunsch nach Information über und nach Teilhabe an politischen Entscheidungen besteht. Dass der „Landbote“ bereit ist, mit seinen Mitteln dieses Defizit auszugleichen, verdient höchste Anerkennung und eigentlich noch viel mehr: nämlich bedingungslose finanzielle staatliche Unterstützung.
Die durch Corona erzwungene Absage der öffentlichen Präsentation der drei Rathaus-Kandidaten offenbart, dass die internet-basierte Publistik auch krisenfest ist. Die Debatte fand trotzdem statt – wenngleich für die interessierten Wahlbürger nicht unmittelbar nutzbar. Aber immer noch besser als nix.
Ich freue mich, dass meine früheren Kollegen von der Frankfurter Rundschau heute mit dem „Landboten“ eine publizistische Initiative wiederbeleben und hoffentlich fortsetzen. Sie begann Anfang der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Bad Nauheim bei der ersten Direktwahl eines Bürgermeisters. Es war hessenweit das erste Wahlforum einer Tageszeitung bei einer Direktwahl.
Nur Mut – weitermachen!
Grüße von Peter Gwiasda
Sehr geehrtes Team des Landboten,
vielen Dank auch von mir für die Durchführung der Podiumsrunde der drei Kandidaten zur Bürgermeisterwahl in Niddatal.
Ich habe auch viele Stimmen gehört, denen gerade dieses Format sehr gefallen hat.
Für die Zukunft alles Gute.
Michael Hahn