Brissago-Inseln

Mit dem Boot in die Botanik

Von Michael Schlag

Eine subtropische Pflanzenwelt in dieser Fülle findet man nirgendwo sonst im Norden, jedenfalls nicht im Freiland. Es sind immer noch 200 Kilometer bis zur Küste des Mittelmeers im Süden, und doch erlebt man im „Parco botanico“ auf den Brissago-Inseln im Lago Maggiore die Botanik der feuchten Subtropen.

Pflanzen aus subtropischen Ländern

Eingebettet in den See als Wärmespeicher haben die Inseln ein fast frostfreies Mikroklima, am Südhang der Alpen reichlich Niederschlag im Frühjahr und im Herbst – aber ohne die Sommertrockenheit Südeuropas. So findet man in dem 2,5 Hektar großen botanischen Garten die Vegetationen von der Westküste Amerikas, aus dem subtropischen Ostasien, Blumen und Bäume der Südhalbkugel aus Chile, Südafrika und Australien. Trotz des sehr ähnlichen Klimas in diesen Weltregionen haben sich im Lauf der Evolution vollkommen unterschiedliche Pflanzen entwickelt.

Ein Bambuswald vom Ufer aus gesehen. (Fotos: Michael Schlag)

Wer mag, geht systematisch vor, ein handlicher Parkführer leitet durch die beschilderten Abteilungen mit den 60 Pflanzengruppen. Oder man spaziert einfach über die Insel, genießt die Stimmung und die ständig wechselnden Ausblicke: vierzig verschiedene Arten von Bambus, blühende Kamelien, kalifornischer Lorbeer, fleischfressende Pflanzen aus Nordamerika, Südafrika und Neuseeland. Insgesamt 1700 Pflanzen aus subtropischen Ländern – und gleichzeitig der Blick auf die umliegenden und im Frühjahr noch schneebedeckten Berge des Tessin.

Ein Palmenhain.

Einmalig auf dieser nördlichen Breite

Die echten Akazien aus Tasmanien, die hier angepflanzt wurden, haben sich mittlerweile gelb blühend rund um den Lago Maggiore verbreitet. Auch die frostharte Hanfpalme, eine Faserpflanze aus China (1850 in Europa eingeführt), wurde am Südhang der Alpen im Freiland sesshaft, man nennt sie jetzt auch „Tessinerpalme“. Einmalig auf dieser nördlichen Breite: die südafrikanische Abteilung am spitz zulaufenden Ende der Insel mit einer Sammlung von Silberbaumgewächsen (Protea), darunter die Königsprotea, die Nationalblume von Südafrika. Die Brissago-Inseln sind weltweit der nördlichste Punkt, um eine solche Pflanzensammlung aus Südafrika im Freiland zu sehen.

Die Königsprotea.

Die Idee, aus dem milden Klima der Brissago-Inseln etwas botanisch Besonderes zu machen, entstand Ende des 19.Jahrhunderts. 1885 kaufte die Baronin de Saint Leger die Inseln, ließ mit Booten Erdreich und Mist auf die größere der beiden Inseln schaffen und richtete den ersten Park mit exotischen Pflanzen und botanischen Raritäten ein. 1927 verkaufte sie die Inseln an den Hamburger Kaufmann Max Emden, der eine pompöse Villa baute, heute Parkverwaltung und Restaurant.

Die Villa Emden.

Mittlerweile im Besitz des Kantons Tessin öffneten die Isole di Brissago am 2. April 1950 zum ersten Mal für Besucher. Man erreicht den botanischen Garten nur mit dem Boot, es gibt regelmäßige Verbindungen von den Anlegestellen Brissago und Porto Ronco.

Titelbild: Man erreicht die Brissago-Inseln nur mit dem Boot.

isoledibrissago.ch

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