BUND-Beschwerde gegen Verteilzentrum
Der seit 2021 stockende Bau eines Verteilzentrums von Amazon in Grund-Schwalheim bei Echzell im Wetteraukreis kommt in eine neue Phase. Nachdem das Verwaltungsgericht Gießen grünes Licht für den Weiterbau gab, legte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Beschwerde ein.Amazon-Projekt vor Gericht
Der hessische Landesverband des BUND legte am 27. Februar 2024 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen ein. Die Umweltschützer wollen damit verhindern, dass der vom Kasseler Gerichtshof im Mai 2021 beschlossene Baustopp für die Logistikhalle aufgehoben wird. Das Gießener Gericht hatte am 21. Februar nämlich die nachträgliche Umweltverträglichkeitsprüfung gebilligt und damit grünes Licht für den Weiterbau gegeben.
„Der nun erlaubte Weiterbau der Logistikhalle trifft den Auenverbund Wetterau ins Herz“ schreibt der BUND-Kreisvorsitzende Werner Neumann. Betroffen sei die Horloffaue – einer der ökologisch wertvollsten und bedeutendsten Teilbereiche, der als Natur- und Landschaftsschutzgebiet nach dem Bundesnaturschutzgesetz und als FFH- und Vogelschutzgebiet nach den Naturschutzrichtlinien der Europäischen Union ausgewiesen ist. Neumann: „Es ist ein Unding, dass die Europäische Kommission gerade die Renaturierung und den Schutz solcher Gebiete beschlossen hat – und das Verwaltungsgericht Gießen dessen Schädigung erlaubt“.
Wer nachträglich prüft, findet Zerstörtes nicht mehr
Während das Verwaltungsgericht die FFH-Verträglichkeitsprüfung in höchsten Tönen lobt, stellt der BUND fest, dass diese Prüfung gar nicht die von dem Bauvorhaben hervorgerufenen Auswirkungen untersuche, sondern die durch die Bebauung hervorgerufene Situation als Beurteilungsgrundlage nehme. „Würde man immer so vorgehen, wäre jeglichen Umwelteingriffen bei Bauvorhaben Tür und Tor geöffnet, wenn man in der nachträglichen Prüfung genau das, was zerstört wurde, nicht mehr findet und dafür eine Genehmigung erhält.
Denn während die europäischen und deutschen Rechtsvorschriften erfordern, dass die Prüfung möglicher Beeinträchtigungen auf ein Schutzgebiet vor der Genehmigung eines Vorhabens geprüft werden müsse, habe das Verwaltungsgericht nun eine Prüfung akzeptiert, die nach dem Baubeginn erstellt wurde und die Auswirkungen durch den bereits bestehen Rohbau gar nicht mehr ermitteln könne.
Auch der Vorsitzende der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), Dr. Tobias Erik Reiners, zeigte sich laut Mitteilung erschüttert über den Beschluss des Verwaltungsgerichtes: „Die HGON unterstützt die Klage des BUND vollumfänglich. Über Jahrzehnte hat die HGON sich für den Schutz des Auenverbundes Wetterau eingesetzt und zur Ausweisung als FFH- und Vogelschutzgebiet maßgeblich beigetragen. Der Beschluss verkennt, dass das Schutzgebiet von immenser Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt in Hessen ist und dass jede Beeinträchtigung auch die Erfüllung unserer europarechtlichen Verpflichtungen erschwert. Der Bau des Logistikzentrums im Herzen des Auenverbundes ist in Zeiten des massiven Biodiversitätsverlustes ein desaströses Signal und widerspricht allen Bemühungen der letzten Jahrzehnte.“
Brutvögel kommen nicht mehr
Der Bau und Betrieb der Logistikhalle würde nach Einschätzung von BUND und HGON die Brutvögel verscheuchen. Denn gerade die in offener Landschaft brütenden Kiebitze, Bekassinen undGrauammern würden sich durch die Kulisse der 14 Meter hohen Logistikhalle gestört fühlen.
Das Verteilzentrum von Amahon würde auch einen Rastplatz für durchziehende Kraniche zerstören, so die Umweltschützer. Und die hier lebenden Biber durch den starken Lieferverkehr unter die Räder, wenn sie die Fahrbahnen am Weidgraben überqueren.
Millionenprojekt für Amazon
Mehr als zehn Millionen Euro investiert die eigens gegründete 77. Logimac Grundbesitz GmbH – eine Tochter des Hamburger Projektentwicklers Garbe – auf dem verkehrsgünstig liegenden Gelände an der Bundesstraße 455. Die Industriebau-Firma Goldbeck soll das Verteilzentrums beauftragt. Amazon steht als Mieter bereit. Auch nach jahrelangem Stillstand halte man am Projekt fest, hatte Amazon Ende 2023 auf Anfrage gemeldet. Von Grund-Schwalheim aus soll jeden Tag eine Sprinter-Flotte die Amazon-Kunden in den Kreisen Wetterau, Gießen, Vogelsberg und Main-Kinzig mit Konsumwaren versorgen.