Handyzeitalter
Es ist gut, wenn heute jeder überall telefonieren kann, meint Landbote-Autorin Jutta Himmighofen-Strack. Sie lauscht gerne den Gesprächen anderer – aber ihre Neugier wird überstrapaziert.
Smartphone wohin man sieht
Sie sind aus unserem Straßenbild überhaupt nicht mehr wegzudenken. Smartphone wohin man sieht. Besonders fällt es mir auf, wenn ich täglich mit dem Zugfahrt von Gießen nach Friedberg fahre. Geschätzte 80 Prozent der Pendler sind verkabelt oder beschäftigen sich in irgendeiner Form mit ihrem Smartphone. Ich gehörte lange zu denen, die das oberkritisch sahen und beklagten, dass man früher noch Leute bei der Bahnfahrt kennengelernt hat, mit denen man interessante Gespräche führen konnte.
Gute alte Zeit?
Trifft das eigentlich die Realität oder ist es eine sentimentale Rückschau in die Vergangenheit? Nach dem Motto „Früher war alles besser“. Ich bin in jungen Jahren täglich mit der Bahn von Bad Nauheim nach Frankfurt und zurück gefahren. Vor 25 Jahren gab es noch die einzelnen Abteile und keine Großraumwagen, sodass man höchstens fünf Sitznachbarn hatte. Bei der Hinfahrt dösten die meisten; heute haben sie vielleicht nur die passende Hintergrundmusik dabei auf den Ohren. Bei der Rückfahrt gab es zwar durchaus Gespräche, denen man unauffällig aber trotzdem voyeuristisch lauschen konnte, aber mangels passendem Gesprächspartner waren die meisten doch in sich gekehrt.
Das erlebe ich heute anders. Man braucht kein wahrhaftiges Gegenüber um sich auszutauschen. Und so werde ich wieder zur Zuhörerin, aber in einem vorher nicht geahnten Ausmaß, welches meine Neugier so manches Mal deutlich überstrapaziert: „Schatz, denkst du dran noch Tomaten zu besorgen“, gehört da durchaus zu den harmlosen und weniger intimen Inhalten dieser ungewollten Mithöraktionen. Wenn ich aufrichtig bin, ist mir so manches Mal die nonverbale Kommunikation deutlich lieber. Da singe ich doch insgeheim ein Loblied auf die Erfindung von SMS, whatsapp und Co. .