AFD-SCHOCK

RECHTE AUCH IN GIESSEN STARK

von Jörg-Peter Schmidt

Auch in Gießen und Umgebung ist der Schock über das gute Abschneiden der rechtspopulistischen AFD, die bei den Landtagswahlen in Hessen 18,4 und in Bayern 14,6 Prozent der Stimmen erhielt, außerordentlich groß. Eine Statistik, die während der Live-Sendung des Hessischen Rundfunks (HR) im Fernsehen präsentiert wurde, schreckt regelrecht auf.

Sogar Linke wechseln zur AFD

Diese Statistik zeigt, dass auch Wählerinnen und Wähler unter anderem von SPD, FDP und der LINKEN zur AFD übergesprungen sind. Noch nicht enthalten ist in dieser Schautafel, die vom HR früh gesendet wurde,  die CDU. Es ist davon auszugehen, dass auch es auch viele Wechselwählerinnen und  Wähler der CDU gegeben hat, die auf dem Stimmzettel die „Alternative für Deutschland“ auf den Stimmzettel angekreuzt haben.

CDU-Kandidaten holen Direktmandat

Angesichts dieser alarmierenden Entwicklung war die Stimmung bei den Wahlsiegerinnen und -siegern in Gießen und Umgebung nur gedämpft euphorisch, wie man auch auf den Bildschirmen verfolgen konnte.  Im Gießener Wahlkreis 18 holte Frederik Bouffier (CDU) das Direktmandat mit 32 Prozent vor Karin Schleenbecker (Grüne, 18,4 Prozent) und Nina Heidt-Sommer (SPD, 18,2 Prozent). Aber auch in diesem Wahlbezirk erzielte die AFD hohe Stimmenanteile. Die Kandidatin Sandra Weegels erhielt 14,6 Prozent. Die Anzahl der Zweitstimmen ihrer Partei beträgt hier 15,2 Prozent (über vier Prozent Zuwachs gegenüber 2018).

Im Wahlkreis 19 errang Arno Enners zwar nicht das Direktmandat, aber knapp über 20 Prozent (!) der Stimmen. Das gleiche Ergebnis erzielte seine Partei bei den Zweitstimmen bei einem Zuwachs von fast sieben Prozent. In diesem Wahlbezirk siegte  Lucas Schmitz (CDU) mit 37,6 Prozent vor  Arno Enners (AFD) und  vor Melanie Haubrich (SPD,18,8 Prozent). Wie im Wahlbezirk 18 landeten alle weiteren Bewerberinnen und Bewerber unter zehn Prozent.

Auswirkungen des Verkehrsversuchs

Und da ist noch die Frage, inwieweit der gescheiterte Verkehrsversuch in Gießen die Wahl zu ungunsten von Grünen und SPD beeinflusst hat. Man kann davon  ausgehen, dass  hierdurch Stimmen vor allem der CDU zugute gekommen sind. Frederik Bouffier schränkte im Gießener Rathaus im HR-Gespräch allerdings ein, dass dies zwar sicherlich ein Grund für das gute Abschneiden der Gießener Christdemokraten sei, aber nicht der einzige Grund.

Möglicherweise hat der Sohn von Hessens Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier dabei bedacht, dass viele Radfahrerrinnen und Radfahrer den Verkehrsversuch, der ja für bessere Bedingungen für die Radfahrer bringen sollte, befürworten. Übrigens wurde eine aktuelle Nachricht im Raum Gießen am Wochenende kontrovers diskutiert. Die Initiative pro Verkehrsversuch, die in der Gießener Landgrafenstraße ein Protestcamp errichtet und über 3000 Unterschriften für bessere Radwege gesammelt hatte, muss laut rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs das Protestcamp räumen, was auch geschieht.

Traumergebnis für Biebertals Bürgermeisterin

Abschließend noch drei Ergebnisse aus dem Gießener Umkreis vom Wahlabend. In  Rabenau wurde Björn Zimmer („Bürger für Rabenau“) mit 52,1 Prozent Bürgermeister. Er  löst Florian Langecker  (unabhängig, 47,9 Prozent) ab. In Biebertal bleibt Patricia Ortmann (parteilos) Bürgermeisterin. Sie erreichte mit 84,3 Prozent ein Traumergebnis.  Und in Hungen bleibt Rainer Wengorsch (FWG, 52,6 Prozent) Bürgermeister. Fabian Kraft (Pro Hungen) erhielt 36,4 Prozent, Günther Kaiser (unabhängig) erhielt 10,9 Prozent.

Meine Meinung

von Jörg-Peter Schmidt

Was das erschreckend gute Wahlergebnis der AFD betrifft, kann man nur vom Schachspiel lernen: Immer zwei oder drei Züge im Voraus denken, um drohende Gefahren abzuwenden. Denn dieses Resultat einer rechtslastigen Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet, wird, könnte ja noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Man wagt gar nicht weiter denken, welche Auswirkungen es haben kann, wenn die „Alternative für Deutschland“ noch höhere Stimmenanteile gewinnt.

Die Rechtspopulisten treiben bereits jetzt auch die Bundesregierungsparteien vor sich her, bei denen man Entscheidungen beispielhaft zur Asylpolitik trifft, die es  vor dem Erstarken der AFD möglicherweise nicht so gegeben hätte.

Was tun? Die Parteien, die sich von rechten Tendenzen distanzieren (es ist gut, dass auch die FDP im hessischen Landtag bleibt), sollten jetzt noch mehr sehr eng gegen die AFD und Gefahren für die Demokratie von ganz rechts zusammen arbeiten.  Von daher ist auch bei CDU und CSU absolute Euphorie über ihren Wahlsieg fehl am Platz: Der Erfolg der AFD wird so manchen ihrer Anhängerinnen und Anhänger im Glauben bestärken, das rechtes Gedankengut doch einen so richtig stark macht.

Titelbild: Die HR-Statistik zeigt: AFD-Stimmen kommen auch von bisherigen Wählern der Partei DIE LINKE.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert