AfD-Jugendorganisation

Wie die jungen Rechtsextremen ticken

Am Wochende 29./30. November 2025 will die AfD in Gießen eine neue Jugendorganisation gründen. In der Universitätsstadt sind die extrem Rechten nicht willkommen: Hotel und Caterer haben ihnen eine Absage erteilt. Am 26. November informiert der Gießener Politikwissenschaftler Prof. Dr. Claus Leggewie über die Ursachen für den anhaltenden Erfolg der AfD sowie deren Attraktivität für junge Menschen, insbesondere männliche Jugendliche und junge Erwachsene.

Freundliche Gesicht des Nationalsozialismus

Leggewie spricht auf Einladung der gemeinnützigen Butzbacher Stiftung Kultur und politisches Bewusstsein in Butzbach. Thema: ‚AfD – „das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“?‘ Die Messe in Gießen, wo die AfD-Jugend gegründet werden soll, dürfe „aus pekuniären Gründen solchen Antidemokraten eigentlich keine Bühne bieten“ wird Leggewie in einer Pressemitteilung der Stiftung zitiert. Der Stadt Gießen seien jedoch „die Hände gebunden“. Aber die Bevölkerung Mittelhessens könne an dem Wochenende demonstrieren, dass sie diesen Aufmarsch von Leuten missbilligt, die sich als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ aufspielen. „Auf Gewaltakte sollte man dabei dringend verzichten, die nützen nur der AfD“, so Leggewie. „Das Wichtigste ist, Koalitionen mit Ultrarechten auszuschließen und als demokratische Mitte zusammenzustehen. Dazu ist es notwendig, weniger die Union unter Verdacht zu stellen, als die AfD inhaltlich als Kollaborationspartei Putins zu konfrontieren“, erklärt der Politikwissenschaftler.

Die Wichtigkeit der demokratischen Mitte hebt auch Lothar Jung hervor, Veranstalter und Geschäftsführer der gemeinnützigen Stiftung Kultur und politisches Bewusstsein: „Allerdings beobachten wir auf der Seite der AfD-Gegner keine Einigkeit. So lassen sich im demokratischen Spektrum vielfältige Risse beobachten – zum Beispiel, wenn Konservative und einige Liberale mit demokratischen Kräften ‚von links‘ nicht kooperieren wollen. Umgekehrt sehen wir, dass auch Aktivisten sich intolerant gegenüber jenen verhalten, die punktuell mit eher rechten Positionen übereinstimmen, aber zweifelsfrei dem demokratischen Lager zuzuordnen sind“, so Jung.

Aus dieser Freak-Show verabschieden

Das umstrittenen Verbotsverfahren gegen die AfD wird in der Veranstaltung voraussichtlich Thema sein. Leggewie sieht es eher kritisch: „Indem man eine rechtsradikale Partei dieser Größe verbietet, ist das Problem des Auseinanderklaffens von Demokratie – Mehrheit ist Mehrheit – und Liberalismus – Rechtsstaatsnormen – nicht gelöst.“

„Bei der Gründungsveranstaltung der AfD-Jugend als auch bei den Protesten wird das Thema Social Media eine gewichtige Rolle spielen“, schreibt die Stiftung in ihrer Pressemitteilung. Die Macht der Bilder und das Inszenieren von Botschaften in wenigen Sekunden auf Kanälen wie TikTok, Instagram und Co. stützten die Wahrnehmung der AfD insbesondere bei jungen Menschen. Die gezielten Social Media-Offensiven würden die Gefahr beinhalten, dass sich extremistische Positionen unter jungen Menschen etablieren. „Es ist kein Wunder, dass der vernunft- und faktenfreie Raum bestimmter asozialer Medien zum Propagandainstrument der Putinisten und Trumpisten geworden ist“, sagt Leggewie, der gleichzeitig auch die Hoffnung auf Veränderung nicht aufgeben möchte: „Ich habe weiter das Vertrauen in jüngere Menschen, dass sie sich aus dieser Freak-Show verabschieden.“

Die Veranstaltung ‚AfD – „das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“?‘ mit dem Gießener Politikwissenschaftler Prof. Dr. Claus Leggewie ist am Mittwoch, 26. November 2025, um 19.30 Uhr (Einlass ab 18.30 Uhr) in der Alten Turnhalle, August-Storch-Straße 7, in Butzbach. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung per E-Mail unter info@stiftung-kupb.de ist aufgrund der begrenzten Anzahl an Plätzen erforderlich.

Zehntausende Gegendemonstranten erwartet

Die AfD-Veranstaltung in Gießen und die damit verbundenen Proteste und Auswirkungen auf die Universitätsstadt und die Region Mittelhessen beschäftigen seit Wochen die Medien. Es werden Zehntausende Demonstranten erwartet. Das bundesweite antifaschistisches Aktionsbündnis „widersetzen“ mit Lokalgruppen in über 80 Städten will die Gründungsveranstaltung der AfD-Jugend zu verhindern. Deutschlandweit würden über 200 Busse anreisen, um ab 6 Uhr morgens die Zufahrtsstraßen um die Hessenhallen zu blockieren. Dass die AfD kurz vor der Gründung ihrer neuen Jugendorganisation ohne Bleibe dasteht, freut die Antifaschisten. Das Aktionsbündnis spricht von einem Akt der Zivilcourage und fordert weitere Hotels zur Nachahmung auf. Wer Hass gegen Geflüchtete und Migranten schüre, der „braucht nicht jammern, selbst nicht mehr willkommen zu sein“, schreibt „widersetzen“.

Titelbild: Der Gießener Politikwissenschaftler Prof. Dr. Claus Leggewie. (Foto: Georg Lucas)

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