Gedenken auch in Gießen
Jeweils am 25. November findet international der Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen statt. Auch in Deutschland gibt zahlreiche symbolische Aktionen. Beispielsweise in Gießen.Installation auf Rathausvorplatz
Das Büro für Frauen und Gleichberechtigung in Gießen unterstreicht in einem Pressebericht die Bedeutung eines konsequenten gesellschaftlichen und politischen Engagements gegen geschlechtsspezifische Gewalt und gedenkt gemeinsam mit dem autonomen Frauenhaus, den Omas gegen Rechts, dem Stadttheater und dem Weißen Ring sowie den Serviceclubs Soroptimisten und Zontas öffentlich der im Jahr 2024 ermordeten Frauen. Ab 16 Uhr findet auf dem Rathausvorplatz eine Installation statt, mit der die ermordeten Frauen symbolisch dargestellt werden, es gibt Redebeiträge und weitere Aktivitäten.

Zahlen haben sich weiter erhöht
In dem Pressebericht heißt es weiter: Gewalt- und Straftaten gegen Frauen und Mädchen stellen in Deutschland weiterhin ein ernstes gesellschaftliches Problem dar. Die Zahlen sind weiter gestiegen und sind auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Laut dem am 21.11 erschienenen Bundeslagebild des Bundeskriminalamts zu polizeilich erfassten Straftaten gegen Frauen wurden im Jahr 2024 im Deliktsfeld Häusliche Gewalt 187.128 weibliche Opfer erfasst – eine Steigerung um weitere 3,5 Prozent zum Vorjahr. Von ihren Partnern oder Expartnern getötet wurden 308 Frauen. Auch in den Bereichen Vergewaltigungen, Körperverletzung und versuchte Tötung, Beleidigung und digitale Gewalt sind die Zahlen erschreckend hoch – und das Dunkelfeld ist dabei noch nicht erfasst.
Immense Menschenrechtsverletzung
„Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache. Sie ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung – und wir müssen alles dafür tun, sie zu verhindern und Betroffene zu schützen“, sagt Gießens Oberbürgermeister Frank Tilo Becher. Hier setzt die sog. Istanbul-Konvention – das internationale Abkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – an. Sie verpflichtet die unterzeichnenden Staaten – darunter auch Deutschland – dazu, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Frauen, zur Prävention von Gewalt und zur Strafverfolgung der Täter umzusetzen.
Auch die Stadt Gießen bekennt sich zu ihrer Verantwortung, auf kommunaler Ebene die Strukturen für Prävention und Intervention bei geschlechtsspezifischer Gewalt weiter zu verbessern.
Koordinierungsstelle der Stadt Gießen
Die Stadt Gießen hat hierzu eine Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul Konvention eingerichtet, die beim Büro für Frauen und Gleichberechtigung angesiedelt und mit Maren Ampt besetzt ist. Diese war in den letzten Monaten damit betraut, gemeinsam mit dem Landkreis Gießen und zahlreichen Akteurinnen aus dem Hilfesystem einen Bericht über die Hilfe- und Schutzeinrichtungen in der Region zu erstellen und zu evaluieren, ob die Angebote tatsächlich den Bedarf decken – also beispielsweise auch für Menschen mit Einschränkungen erreichbar sind.
Auf dieser Basis wurden Handlungsempfehlungen formuliert und konkrete Maßnahmen daraus abgeleitet – so wurde zum Beispiel deutlich, dass es eine Anlaufstelle für Opfer jeglicher Form geschlechtsspezifischer Gewalt geben sollte. Der Bericht wurde am 20.11.25 durch die Stadtverordnetenversammlung verabschiedet und ist ab sofort auf der Website der Stadt Gießen unter Leben / Frauen und LGBTI*Q zu finden.
Ein bedeutender Schritt zu weiteren Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland stellt das neue Gewalthilfegesetz dar, das im Januar 2025 verabschiedet wurde.
Schutz und Beratung
Mit dem Gewalthilfegesetz erhalten von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder erstmals einen bundesweit geltenden Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. Mit dem Gewalthilfegesetz ist dies nun eine staatliche Pflichtaufgabe, was vorher als sogenannte „Freiwillige Leistung“ bei den Kommunen lag.
Damit setzt Deutschland einen wichtigen Meilenstein im Kampf gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt und schafft die Grundlage dafür, dass Betroffene überall zuverlässig Zugang zu geeigneten Unterstützungsangeboten erhalten.
Ein wesentlicher Schwerpunkt des Gesetzes ist der Abbau der bisherigen Versorgungslücken im Hilfesystem. So fehlen derzeit deutschlandweit rund 14.000 Plätze in Frauenhäusern. Für den notwendigen Ausbau stellt der Bund bis 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro bereit.
Es gibt jedoch auch Kritik am Gewalthilfegesetz. Leider gilt der Rechtsanspruch, nicht für alle Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt, denn trans- und intergeschlechtliche und non-binäre Personen werden nicht erfasst. Auch fehlt es an Konkretisierungen bei Präventionsmaßnahmen und Täterarbeit.
Hier sind die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten daher mit ihren Kenntnissen der Situation vor Ort wichtige Impulsgeberinnen für die praktische Umsetzung des Gesetzes auf kommunaler Ebene.
Symbolfoto: Die Aufschrift auf dieser Parkbank spricht für sich. Wikipedia gibt allerdings nicht an. in welchem Ort die Bank steht. Das schmälert aber nicht die Symbolkraft. (Quelle: Wikipedia, PantheraLeo1359531)
