Einblicke in faszinierendes Land
Eine volle Hospitalkirche in Wetzlar erwartete die bekannte Schriftstellerin und Journalistin Petra Reski, als sie in ihrer Lesung ihr Buch „All’italiana! Wie ich versuchte, Italienerin zu werden“ präsentierte. Nach ihren Beiträgen auf der Frankfurter Buchmesse war sie auf Lesereise und der Abend in Mittelhessen konnte von der Deutsch-Italienischen Gesellschaft (DIG) Mittelhessen e.V. in Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative an Lahn und Dill und der Stadtbibliothek Wetzlar organisiert werden.
40. Geburtstag der Gesellschaft
Die DIG wollte damit ihr 40-jähriges Jubiläum mit einem ersten Wetzlarer Event feiern (der zweite Teil der Feierlichkeiten ist in Gießen mit einem erzählerischen-musikalischen Abend am 9. November geplant). Mit einem Publikum von rund 200 Personen ist der Auftakt hervorragend gelungen, schreibt Alessandra Riva, DIG-Pressesprecherin. „Von einer Kirche, die so voll war wie die Hospitalkirche gestern Abend träumt wohl jeder Pfarrer!“ schrieb Petra Reski selbst auf ihrer Facebook-Seite am Tag nach der Lesung.
Die 1. Vorsitzende der DIG Mittelhessen e.V. Rita Schneider-Cartocci begrüßte die Autorin und betonte die Anknüpfung zwischen den italienischen Inhalten ihrer Werke, wie der Mafia, mit den Themen der Reisen und Veranstaltungen des Vereins. Klaus Tschakert, ebenfalls DIG-Mitglied, vertrat die weiteren zwei beteiligten Organisationen und freute sich auf eine spannende Lesung mit kritischen italienischen Schwerpunkten.
Politische Geschichte erörtert
Im Buch „All’italiana“ erzählt die Schriftstellerin von ihrem Leben in Italien seit 1989 und gleichzeitig auch von der politischen Geschichte des Landes der letzten 35 Jahre, mit der sie sich ausführlich auskennt. Sie entschied sich vor einigen Jahren, die italienische Staatsangehörigkeit zu beantragen, um wählen zu dürfen und dabei dem engagierten und ehrlichen Teil der italienischen Gesellschaft Solidarität zu zeigen.
Die Veranstaltung wurde von Jörg Braunsdorf, Inhaber der Berliner Buchhandlung Tucholsky, moderiert. Vor dem Vorlesen verschiedener Passagen sprach er persönliche und politische Themen im Gespräch mit Petra Reski an. In ihren Antworten waren Lob und Kritik immer treffsicher und ihren Anmerkungen fehlte es nie an Witz und Humor.
Gravierendes Problem
Die ausgewählten Textauszüge verdeutlichten nur einige der Themen und der Situationen, mit denen sich Petra Reski in „All’italiana“ auseinandergesetzt hat. So war eine Diskussion an der Post in Venedig in der ersten Lesepassage Anlass für Überlegungen über die Beziehung der Italiener mit der Politik, ihre Einstellung zu Deutschland und ihren europäischen Gedanken.
Das wichtigste Thema der Lesung war aber die Mafia, die die Journalistin lange studiert und mit der sie sich in ihren Werken oft beschäftigt hat. In ihrem letzten Buch stellt sie die Nachricht des Mordes der italienischen Antimafia-Helden Giovanni Falcone und Paolo Borsellino und derer Trauerfeiern in den Neunziger Jahren emotional dar, wie sie sie in Italien erlebt hatte. Diese Ereignisse erschütterten ihr Italienbild und ließen in ihr viele Fragen über diese Realität und den Staat Italien entstehen. Zum Thema Mafia äußerte sich auch DIG-Vorsitzende Schneider-Cartocci, die auf eine besorgniserregende „Mafia-Mode“ aufmerksam machte, die unter Jugendliche in Deutschland in den sozialen Netzwerken kursiert und ein romantisierendes Mafiabild verbreitet. Die Deutsch-Italienische Gesellschaft Mittelhessen e.V. distanziert sich ausdrücklich von diesem Phänomen und trägt zu mehr Bewusstsein über die realen Hintergründe der Mafia in ihren Veranstaltungen bei.
Über das Essen in Italien
Die letzte Lesepassage schloss die Lesung mit einem etwa heiteren Thema ab, und zwar dem italienischen Essen, das Gegenstand von Diskussionen fast wie die Politik in Italien ist. Am Esstisch geht es in den Gesprächen sogar eher um die richtige Vorbereitung der Tomatensauce als um die Regierung.
Trotz der vielen Schwierigkeiten und Widersprüche Italiens klang die Leidenschaft Reskis für Italien immer durch, die sie auch bestätigte: In Italien habe sie die Mischung von Lustigkeit und Melancholie ihrer ostpreußisch-schlesischen Familie wiedergefunden. Nach ein paar Tagen im Ausland vermisse sie Italien, ihr Boot in Venedig, das italienische Essen und vor allem ihren venezianischen Ehemann, „den Italiener an ihrer Seite“.
In der Pause konnten die Gäste auf den runden Geburtstag der DIG Mittelhessen e.V. bei Wein und Häppchen anstoßen, Reskis Werke am Büchertisch des Buchladens Alte Lahnbrücke erwerben und sie im Anschluss an der Veranstaltung von der Autorin signieren lassen.
Titelbild: Petra Reski in der Hospitalkirche. (Fotos: A. Riva/DIG)