Fatale Wirkung von Maissirup
von Michael Schlag
Die Kombination aus Glukose und Fruktose, die in vielen Süßgetränken enthalten ist, beschleunigt möglicherweise die Bildung von Metastasen bei Darmkrebs (Kolorektalkarzinom). Darauf weisen Laborstudien und Experimente an Mäusen hin. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Metabolism publiziert, darüber berichtet das Deutsche Ärzteblatt.
Darmkrebs bei jungen Erwachsenen
In den USA kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu einem starken Anstieg von Darmkrebserkrankungen bei jungen Erwachsenen. Epidemiologische Studien sehen einen Zusammenhang mit dem seit den 1980er Jahren gestiegenen Konsum von Süßgetränken bei jüngeren Menschen. Dieser wird begünstigt durch die kostengünstige Produktion von Maissirup („High Fructose Corn Syrup“, HFCS), er wird gewonnen durch enzymatische Spaltung aus Maisstärke. Durch den hohen Gehalt an Fruktose werden die Getränke besonders süß, was ihre geschmackliche Attraktivität erhöht. In den USA greife etwa die Hälfte der Erwachsenen und fast zwei Drittel der Jugendlichen täglich zu solchen süßen Limonaden, so die Meldung aus dem Deutschen Ärzteblatt.
Fruktose fördert Metastasen
Auf welche Weise die Süßgetränke das Krebsrisiko erhöhen, war bisher nicht bekannt. Ein Team um Jihye Yun vom MD Anderson Cancer Center in Houston hat dazu Experimente gemacht mit verschiedenen Zelllinien. Die Zugabe der Süßstoffe verstärkte sowohl das Wachstum als auch die Migration der Zellen; diese ist eine Voraussetzung für die Bildung von Metastasen. Dieser Effekt auf die Migration war deutlich verstärkt, wenn der Nährlösung eine Mischung aus Glukose und Fruktose zugesetzt wurde. Der Effekt verstärkter Migration von Krebszellen ließ sich auch bei Mäusen beobachten, denen Tumoren unter die Schleimhaut des Blinddarms implantiert wurden. Die Kombination aus Glukose und Fruktose verstärkte hier die Bildung von Lebermetastasen.
Mehr Abbauprodukte
Welche biologischen Prozesse laufen dabei ab? Eine Analyse der Abbauprodukte (Metabolom-Analyse) ergab, dass von mehr als 700 Stoffwechselprodukten vor allem die Konzentration von Sorbit anstieg, das ist ein Zuckeralkohol. Nach der Gabe des Glukose-Fruktose-Gemisches war sie drei- bis elffach stärker als nach der Gabe von reiner Glukose (Traubenzucker). Sorbit kann in den Zellen sowohl aus Glukose als auch aus Fruktose hergestellt werden. Hier ließ sich nachweisen, dass das Sorbit überwiegend aus der Fruktose entstand, unter dem Einfluss des Enzyms Sorbit-Dehydrogenase (SORD).
Umgedrehter Prozess
Normalerweise ist dieses Enzym für die Synthese von Fruktose aus Sorbit zuständig. Die Forscher konnten nun einen fatalen Vorgang nachweisen: Bei hoher Zufuhr von Fruktose dreht sich dieser Prozess um, dann wird unter dem Einfluss von SORD die Fruktose zu Sorbit. Weitere Experimente zeigten, dass die Migration von Krebszellen nur dann einsetzt, wenn sie das Enzym SORD besitzen. Ohne SORD kam es bei den Mäusen nicht zur Bildung von Metastasen, auch dann nicht, wenn die Nahrung der Mäuse mit Süßgetränken versetzt wurde. Die gewonnenen Erkenntnisse ließen auf den Menschen übertragen. Die Untersuchung der Tumore von Darmkrebspatienten ergab, dass auch dort SORD vermehrt aktiv ist, möglicherweise angetrieben durch den häufigen Konsum von Süßgetränken.
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