An einem Tag im September

Die Versöhnung

von Michael Schlag

Es gab eine Zeit, da hatten Politiker noch Visionen im Sinn und nicht vor Allem ihren nächsten Deal. Sie brachten es sogar fertig, sich mit ihren Visionen vom friedlichen Zusammenleben über die Stimmung in ihren Ländern hinwegzusetzen und nicht der nächsten Meinungsumfrage nachzulaufen. Die Rede ist von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer. Mit ihnen begann die deutsch-französische Versöhnung und die Geschichte klingt rückblickend unglaublich. Arte zeigt sie jetzt in dem Film „An einem Tag im September“.

13 Jahre nach Kriegsende

Am 14. September 1958 trifft der deutsche Kanzler Konrad Adenauer zum ersten Mal den französischen Ministerpräsidenten und General Charles de Gaulle – in dessen Privathaus in Colombey-les-Deux-Églises. Die Umstände sind 13 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs denkbar schlecht: Misstrauen und Abneigung herrschen zwischen Deutschen und Franzosen. Mit Verzögerung beginnt das delikate, sorgsam vorbereitete Treffen, das die Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland beenden soll. Vier Jahre darauf kam De Gaulle, dann als Präsident, nach Deutschland und 1963 wurde der deutsch-französische Freundschaftsvertrag unterzeichnet.

Charles de Gaulle (Jean-Yves Berteloot) heißt Konrad Adenauer (Burghart Klaußner) zu ihrem ersten Treffen in de Gaulles Privathaus in Colombey-les-Deux-Églises willkommen.
Foto: ZDF © Nicolas Neefs

Offene Wunden des Krieges

Doch dieses erste Treffen Adenauer – de Gaulle war viel schwieriger, als es rückblickend scheint. Im Vieraugengespräch traten die politischen Differenzen zu Tage, die Annäherung droht zu scheitern. Die deutsche Wagenkolonne wird von wütenden Landbewohnern beschimpft, de Gaules Köchin weigert sich, für die Deutschen zu kochen, seit der Folter im Gestapo-Gefängnis ist sie auf einem Auge blind. Ein Berater de Gaulles will von dem Treffen zurücktreten, seine Familie hatte unter der deutschen Besatzung furchtbar gelitten. 13 Jahre nach Kriegsende waren Wunden des Krieges und der Besatzung noch lange nicht verheilt.

Die Wagenkolonne des deutschen Bundeskanzlers verfährt sich und zieht die Wut der französischen Bürger auf sich: Die Wunden des Zweiten Weltkriegs sind noch lange nicht verheilt.
Foto: ZDF © Nicolas Neefs
Friedliches Europa vor Augen

Anders die jungen Leute in dem Film, die nicht mehr Kriegsgeneration. Unter den Journalisten, die für beide Länder über die Ergebnisse berichten sollen, arbeiten die französische Fotografin Hélène Wissembach und die deutsche Volontärin Elke Schmitz kollegial zusammen. Beide träumen von einer friedlichen Zukunft in einem gemeinsamen Europa – und sie fordern von den Politikern, sich dafür einzusetzen. „An einem Tag im September“ ist ein historischer Fernsehfilm nach wahren Begebenheiten: In unserem kollektiven Gedächtnis ist das Treffen der beiden Staatsmänner die Geburtsstunde der deutsch-französischen Freundschaft und ebenso der europäischen Einigungsbewegung.

Titelbild: Die beiden Staatsmänner Adenauer (Burghart Klaußner, li.) und de Gaulle (Jean-Yves Berteloot, re.) bauen Vertrauen zueinander auf.
Foto: ZDF © Frank Dicks

Der Film läuft am Freitag, 12.09.2025 um 20.15 Uhr
und am Donnerstag, 18.09.2025 um 14.00 Uhr im Arte-Programm

Online verfügbar in der Arte-Mediathek bis 11.10.2025

arte.tv/

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