Beste Äppler und sieben Kräuter
Von Corinna Willführ
Um 17 Uhr waren die Würfel gefallen beziehungsweise die Bembel und die Gerippte leer. Da stand er fest: der Sieger des Apfelwein-Wettbewerbs in Wehrheim im Hochtaunus. Wie im vergangenen Jahr war es das Café Bohris, also nicht ein einzelner Stöffche-Kenner, sondern ein Team. Indes: Auch der Preis für Äppler mit „Zusätzen“ wie Quitte ging in die Gartenstraße 12 in der Taunusgemeinde an Heiko Bohris. Als Sieger aus dem lokalen Wettbewerb wird er auch an der 7. Hessischen Apfelweinmeisterschaft vom 23. Bis 27. Juni 2017 teilnehmen. Leider terminlich nicht passend zum Weltrekordversuch im „Grüne Soße“-Essen am 22. Juni 2017 in der Stadt Frankfurt und Umgebung.
Hessenmeisterschaft und Weltrekord
Weltrekord im Grüne-Soße-Essen? Was ist das denn? Eine (ACHTUNG!) geschützte Zusammenstellung von sieben Kräutern, die am 22. Juni 2017, mehr als 250.000 Menschen in und um Frankfurt essen sollen, um einen Weltrekord zu knacken. Und zu der am besten ein Schöppchen passt – wie das preisgekrönte aus Wehrheim. Oder eine von den 20 Apfelwein-Königen der Region, die ihr im heimischen Keller gekelterte Goldenes aus dem Bembel im Gerippten dem Volk zum Verkosten geben, auf das diese im Lokal Alt Orschel in Oberursel herausfinden mögen, welches Stöffche in Hessen einen Meistertitel tragen darf.
Doch zurück zur „Grünen Soße“: Einst wuchsen sieben Kräutlein um Frankfurt in heimischen Gärten oder für Kundige auch in der freien Natur. Bis heute heißen sie Pimpernelle, Schnittlauch, Kresse, Petersilie, Sauerampfer, Borretsch und Kerbel. Seit vielen Jahren kommen die „glorreichen Sieben“ zumeist aus dem Frankfurter Stadtteil Oberrad. Allenfalls Anbaugebiete aus Oberursel dürfen noch das Zertifikat der „Original Frankfurter Grüne Soße“ tragen. Die schon ein Geheimnis beim Einkauf hat. Das sich einem erst entfaltet, wenn man das undurchsichtigem Spezialpapier aufrollt. Und anschließend beim Blick auf die Verpackung in der Hoffnung auf die vielen grünen Teile, die da vor einem liegen, stutzt, dass es für diese allerlei Rezepte gibt. Also eines, wo den Kräutern, grob zerhackt, saure Sahne und Eier, ebenfalls nur kleinteilig, hinzugefügt werden. Ein andres gar, das eine Zubereitung mit Joghurt empfiehlt. Wären da noch die in den verschiedenen Küchen kursierenden Zutaten, die unbedingt oder eben keinesfalls zu einer Grünen Soße gehören: Knoblauch und Gürkchen. Alljährlich bricht im Frühjahr in der Mainmetropole ein Streit unter großen und kleinen (Küchen-)Geistern aus, die nach der ur-ur-ursprünglichen Variante suchen, die dem größten Geist der Stadt als Leibgericht zugeschrieben wird: einem gewissen Geheimrath Johann Wolfgang von Goethe.
250.000 Frankfurter müssen Grüne Soße essen
Indes hat sich Jahrhunderte nach dem Ableben Goethes in Frankfurt das Grüne-Soße-Festival etabliert – mittlerweile eine Kultveranstaltung am Roßmarkt in der Frankfurter Innenstadt. Nun streben die Initiatoren, Maja Wolff und Thorste Müller, nach Höherem: also nach ganz Großem, eben nach dem Weltrekord: Mindestens 250.000 Frankfurter müssen am Donnerstag in Kantinen, in der Mensa, im Gasthof, am Foodtruck, am Imbiss oder Zuhause eben jene sieben Kräuter, ob mit oder ohne Tafelspitz, ob zu Fisch oder Pellkartoffeln, ob in einer Suppe oder im Quark verspeisen. Eine gelungene PR-Aktion: Allemal. Denn auch wenn der Weltrekord nicht erreicht wird, werden Tausende in ihrer Mittagspause oder beim Abendessen eines teilen: ein Gericht aus sieben Kräutern – und so simpel es erscheint, sals Einheimische wie Neuzugezogene, als Alteingessene oder Geflohene gemeinsam etwas erleben, was zu ganz, ganz klitzeklein Heimat und Zugehörigkeit ausmachen kann – und sei es für Minuten, Stunden, einen Tag und vielleicht nach der ein oder anderen Begegnung über diesen hinaus.
Wer mehr wissen möchte zur 7. Hessischen Apfelweinmeisterschaft in Oberursel: www.alt-orschel.de und zum Grüne-Soße-Weltrekord www.gruene-sosse-tag.de