Prachtbau in neuem Glanz
Das Kerckhoff-Institut gehört zu den prächtigsten Bauwerken Bad Nauheims. Seit zwei Jahren wird es saniert. 13,5 Millionen Euro investiert die Max-Planck-Gesellschaft in die Instandsetzung. Die Arbeiten an der luxuriösen Ehrenhalle (Foto) sind nahezu abgeschlossen, die Vorlesungs-Halle soll bis Jahresende fertig sein. Eine Besichtigungstour in Wort und Bild.
Herzforschung in edlen Räumen
Als 1929 Louise Kerckhoff den Wunsch ihres Monate zuvor verstorbenen Mannes William G. Kerckhoff umsetzte, sollte die noch junge Stiftung nicht allein eine funktionale Arbeitsstätte für Kardiologen bauen. Der in den USA lebende deutschstämmige Industrielle war wegen eines Herzleidens regelmäßig zur Behandlung nach Bad Nauheim gekommen. Die Stiftung und das nach seinem Begründer benannte Institut sollten als Dank an die Stadt gelten. Mit dem Herzforschungsinstitut ist 1931 ein prachtvoller Bau eröffnet worden. Die Fassade repräsentiert einen klassizistischen Monumentalstil während sich die Innenarchitektur in der Eleganz der beginnenden 1930er Jahre zeigt. Auch die Konstruktion war damals mit ihrer Stahlskelettbauweise State-of-the-Art in der Architektur.
„Größte Toilette Europas“ wird kleiner
Seit gut zwei Jahren wird am „William G. Kerckhoff-Institut“ saniert. Im Mai werden die Arbeiten an der luxuriös wirkenden Ehrenhalle abgeschlossen. Die „Vorlesungs-Halle“ im anderen Gebäudeflügel wird voraussichtlich Ende des Jahres fertig. Der große Hörsaal wird dann nicht mehr ganz so groß sein und die Toilettenanlage im Keller, die sich ob ihrer Ausmaße einst den scherzhaften Titel „größte in Europa“ sicherte, wird auch einige Nummern kleiner ausfallen.
„Es handelt sich um keine Luxussanierung“, sagt Matthias Heil, Pressesprecher und Baukoordinator vor Ort. Nutzbarkeit und Denkmalschutz seien das Ziel. Um dies zur erreichen, investiert die Max-Planck-Gesellschaft, München, 13,5 Millionen Euro in die Instandsetzung. Die Kerckhoff-Stiftung überließ 1951 der Gesellschaft das Gebäude, in dem zunächst das Max-Planck-Institut für Physiologische und Klinische Forschung untergebracht war und das 2004 in Max-Planck-Institut Herz- und Lungenforschung umbenannt worden ist. Für die Instandhaltung zeichnet die von Bund und Land finanzierte Gesellschaft verantwortlich.
Sanierungskosten reduziert
2008 ist das Sanierungskonzept des Kerckhoff-Gebäudes aufgestellt worden. Die kalkulierten Kosten waren war mit 15 Millionen Euro zu hoch. Die Liste der Bauarbeiten musste gekürzt werden, von der etwa die Fassadensanierung gestrichen wurde, so Heil. Der denkmalgeschützte Hörsaal mit nahezu 600 Sitzplätzen war ob der Ausgaben in Höhe von 3,5 Millionen Euro zunächst auch von der Liste genommen worden. Da er aber dann nicht mehr hätte genutzt werden können, revidierte die Gesellschaft ihren Entschluss.
Die Sanierung des Hörsaals, in dem über 80 Jahre lang Ärzte und Wissenschaftler über die jüngste Entwicklung in der herz- und Gefäßmedizin informiert werden, besteht zum großen Teil darin, ihn für die strengen Brandschutzauflagen fit zu machen. „Bei einem Feuer wäre die Stahlkonstruktion unter dem schräg aufsteigenden Boden nach zwei, drei Minuten zusammengebrochen“, sagt Heil. Die Träger sind nun mit feuerfestem Beton bewehrt. Zugleich wurde die aufwendige Lüftungsanlage erneuert. Die Technik hierzu darf jedoch nicht mehr auf dem Dach platziert werden. Daher wird ein Teil des hinteren Hörsaals für Klimageräte benötigt, separiert von einer Wand. Damit passen künftig 380 der historischen Klappstühle in dem Saal. Das reicht für heutige Hörerzahlen, sagt Heil. Beim kleinen Hörsaal mit knapp 160 Plätzen gab es hingegen wenig zu sanieren.
Alte medizinische Bücher
Der Verwaltungsmittelbau – einst befanden sich dort Behandlungs-, Untersuchung- und Laborräume – ist im laufenden Betrieb saniert worden. Gleiches bei der Ehrenhalle, die quasi das Verbindungsglied zum 1969 eröffneten Laborneubau darstellt. Durch das Entfernen später eingebauter Regale sind die alten Regalnischen wieder hervorgekommen, die mit medizinischen Fachbüchern in antiquarischer Qualität bestückt sind. Das Mosaik auf der Wand mit den beiden Freitreppen zur Galerie konnte bis auf einen winzigen Ausschnitt nicht mehr rekonstruiert werden. Ebenso werden die beiden Sphinxe am Treppenzugang weiterhin nur noch auf alten Fotografien der Ehrenhalle zu sehen sein. Gut so, das Fabelwesen soll jeden Menschen getötet haben, der das ihm auferlegte Rätsel nicht lösen konnte.
Medizinische Literatur aus vielen Jahrzehnten reiht sich gleichfalls auf endlosen Regalmetern in der angrenzenden Bibliothek. Quellen nur noch für Medizinhistoriker, aber kaum für die aktuelle Forschung taugt. „Man kann sich jedoch in der Bibliothek gut zurückziehen, um in Ruhe was durchzuarbeiten“, sagt Heil. Der Saal wird zudem für Besprechungen genutzt. Im Zuge der Sanierung ist der Boden erneuert worden. Die energetische Doppelverglasung der meterhohen Fenster oder die Aufarbeitung der Holzpaneele an den Wänden seien laut Heil nötig, aber derzeit nicht finanzierbar. Gleiches gilt für die Originalstühle, die nicht immer das beste Sitzgefühl vermitteln. Bei den Lichtschaltern musste neue Technik installiert werden. Es fanden sich sogar denkmalschutzkonforme Elektrobauteile – Schalter im alten Gewand, Drehschalter aus schwarzem Bakelit. Auf dem Renovierungsplan steht ebenfalls die Deckenlampe, eine gewaltige Glasschale, ein Unikat mit vielen Einzelelementen. „Mitarbeiter eines Fachbetriebes haben sich die Lampe angesehen und sind zu dem Entschluss gekommen, lieber die Finger davon zu lassen“, sagt Matthias Heil mit skeptischen Blick zur Decke.