Neuwahlen

Frühestmöglich!

Von Dietrich Jörn Weder

Die Parteien des Bundestages streiten verbissen um den Termin für die Abwahl des Kanzlers und den davon abhängigen Neuwahltermin. Sie nehmen dabei schon das Gegeneinander im kommenden Wahlkampf vorweg. Die deutsche Innenpolitik sollte aber einstweilen besser in den Hintergrund treten. Denn wir sollten dem neugewählten US-Präsidenten nicht bei seinem Amtsantritt im Januar die Blöße einer handlungsunfähigen Bundesrepublik bieten. Die wäre Donald Trump für seine gegen Europa gerichteten wirtschaftspolitischen Vorhaben gerade recht.

Also: Keine Zeit verlieren!

Das heißt: Frühestmögliche Neuwahlen liegen im Interesse aller, denen das Abschneiden ihrer Lieblingspartei nicht über alles geht. Die neugewählte Bundesregierung wird es nicht nur mit den Fragen zu tun haben, die den Zusammenhalt der Ampel sprengten. Sie wird sich in einer weltpolitisch noch einmal viel ungünstigeren Lage zurechtfinden müssen.

Friedrich Merz wird es nicht leichter haben

Ein weniger freier Welthandel wird der deutschen Wirtschaft über die schon aufgelaufenen Probleme hinaus schwer zu schaffen machen. Die im Augenblick hart bedrängte Ukraine wird uns noch mehr Hilfe abverlangen, wenn wir sie nicht zusammen mit Trump im Regen stehen lassen. Trump wird uns und der EU im schlimmsten Fall vier Jahre lang immer neue harte Nüsse zu knacken geben.

Verglichen mit dem, was im neuen Jahr droht, auf uns zuzukommen, nehmen sich die liegenbleibenden Gesetzesvorhaben der Ampel geradezu niedlich aus. Schön wäre es schon, man fände für das 49-Euro-Ticket noch vor Jahresende eine Lösung. Es zeigt sich freilich auch daran, wie viele fällige Aufgaben durch den internen Zank der Ampel verschleppt worden sind. Das hat jetzt seinen Preis.

Ein vorgezogener Wahlkampf

Das Parteiengezerre um den Termin für die unabweisbar gewordenen Neuwahlen gestaltet sich hässlich, indem jede Seite mit ihrer Haltung schon jetzt bei der Wählerschaft punkten will. Die SPD will zumindest einige anstehende, weniger strittige Gesetzesvorhaben noch vor der Auflösung des Bundestages über die parlamentarische Bühne bringen. Dem Oppositionsführer Friedrich Merz scheint es dagegen nur um die frühestmögliche Abwahl des Kanzlers zu gehen.

Da halten sich die voraussichtlichen Partner einer künftigen großen Koalition schon jetzt unnötig viele Knüppel zwischen die Beine.

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

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