Werbeprospekte

Weniger wäre mehr

von Ursula Wöll

Jeden Donnerstag und jeden Sonntag werden kostenlose Zeitungen von jungen Leuten in meinem Briefkasten deponiert. Falsch, vor meinem Briefkasten abgelegt, weil sie dick wie ein großformatiges Buch sind. Sie enthalten nämlich zusätzlich zu den vielen Anzeigen im Blatt selbst noch einen dicken Pack an zusätzlichen farbenfrohen Werbeprospekten. Am 22. Juli, also sogar in der Ferienzeit, lagen bei: 2 Broschüren von Globus, 2 Broschüren von Rewe, 28 Seiten von Lidl, 2 Broschüren von Möbel-Sommerlad, je 1 Broschüre von Drogerie Müller, von real und von expert-Klein. Und so geht das Woche für Woche. Es werden immer die gleichen Schnitzel, Maggi-Produkte oder Küchen offeriert. Muss das sein? NEIN !

Die bunten Werbebilder verschleiern

Ob das angebotene Lebensmittel mal 10 Cent billiger ist, macht bei den Niedrigpreisen den Klee nicht fett. Denn niedrig sind die Preise in allen Supermärkten. Warum ist Fleisch so billig? Weil die Tiere unter furchtbaren Bedingungen schlachtreif gezogen werden. Warum sind Gemüse und Obst so billig? Weil die PflückerInnen, etwa von Tomaten, in Südspaniens Sonne schuften, den Giften ausgesetzt sind und sich beim Ernten von Buschbohnen oder Gurken sogar tief bücken müssen. Sie hausen in erbärmlichen Wohnhütten. Die illegal arbeitenden haben oft nicht mal eine Unterkunft. So brauche ich bei Aldi dann nur 65 Cent für das Kilo lose Tomaten zu zahlen. Ja, die Transportkosten sind da auch drin. Sogar die schäbigen Löhne der AusträgerInnen und der Discounter-Angestellten. Oder glaubt jemand, der Aldi-Besitzer und Milliardär Albrecht bezahle sie aus seiner Privatbörse? Warum erzählen die Werbeprospekte nicht mal etwas über diesen schäbigen Hintergrund der Billigpreise? Anstatt jede Woche neu rote Tomaten abzubilden. Wir alle wissen, wie Tomaten aussehen.

Werbung ist umweltschädlich

Papier wird noch immer aus Holz gemacht. So viele Bäume müssen sterben allein für dieses wöchentliche immergleiche Leseangebot! Man muss schon froh sein, wenn nur wenig Tropenhölzer verarbeitet wurden. Und wieviel Abfall entsteht in der blauen Tonne! Er wird angeblich recycelt. Selbst wenn das zutrifft, bei Papier sollen es 50 % sein, braucht man viel Chemie dazu. Wenn mal ein wirklich neues Produkt angeboten würde, so genügte doch ein Blatt, besser noch ein Handzettel. In digitalen Zeiten allemal.

(Foto: Dezidor/Wikipedia)

A propos Abfall. Werbung soll ja generell den Konsum steigern. Und das tut sie, auch bei Leuten, die sich immun gegen ihre Anpreisungen glauben. Alles ist heute in Plastik verschweißt, so dass immer mehr Verpackungsmüll entsteht. Erschreckend, dass bereits 2016 im Schnitt jede/r Deutsche 220 kg Verpackungsabfall hinterließ. Das Bundesumweltamt rechnete das auf 18 Millionen Tonnen pro Jahr hoch. Europaweit sind es im Schnitt pro Kopf „nur“ 167 kg. Na ja, ein Teil landet als Microplastik im Ozean, dort in Fischbäuchen und so in unserem Magen. Armer Magen und armer Planet, den wir verschandeln und zugrunderichten.

(Foto: Christos Vittoratos/Wikipedia)

Wieso überhaupt immer mehr Konsum? Muss denn sogar die Küche nach der letzten Mode sein? Sind wir nicht alle fett genug? Viele sogar übergewichtig? WIR, nicht die Menschen in armen Ländern, denen wir die Lebensgrundlagen entziehen. Denn  w i r   verursachen den globalen Klimawandel und  w i r  exportieren hochsubventionierte Produkte. Beides macht die lokalen Erzeugerinnen im „Süden“ kaputt, die dann zu Flüchtlingen werden.

Fazit

Die Wachstumsideologie hat ausgedient. Immer weiteres Wachstum geht nicht, denn unsere Erde ist endlich. Und auch wenn man jetzt auf dem Mars Wasser entdeckt hat, dürfen wir nicht so weiterwirtschaften. Wachstum muss in den reichen Ländern nicht sein. Daher mein Appell an alle die Absender der Werbeblätter, die mir ins Haus getragen werden: Hören Sie auf, solche „Literatur“ mit bunten Fotos zu drucken. Sie verblödet uns LeserInnen auf Dauer, ohne dass wir es merken. Und mein Appell an die Gesetzgeber: Lassen Sie sich nicht von Lobbyisten lenken, sondern von Ihrem gesunden Menschenverstand und machen Sie restriktivere Gesetze! Die heilige Kuh ‚Wachstum‘ muss geschlachtet werden. Bei Strafe unseres Untergangs.

3 Gedanken zu „Werbeprospekte“

  1. Ja, die heilige Kuh Wachstum sollte geschlachtet werden. das wird auch nicht unser Untergang sein, sondern der Untergang der Geldwirtschaft, sprich der Banken.

  2. Ich danke Ihnen, Frau Wöll, dass sie wieder einmal ein leidiges Thema, diesmal das Ärgernis mit den Werbematerialien, auf den Punkt gebracht haben. Es wäre in der Tat sehr zu begrüßen, wenn die Verursacher zur Einsicht gebracht und die Produktion von Werbemüll einstellen würden. Solange dieses Geschäft jedoch profitabel ist, wird das freiwillig nicht geschehen. Effektiv wäre Konsumverzicht des Verbrauchers. Aber wer ist dazu schon freiwillig bereit?

  3. Wer gehört zu wem? | WEB.DE
    https://web.de/…/unternehmen-saturn-mediamarkt-lidl-aldi-wer-zu-wem-714380
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    Dies ist mein Kommentar zum Artikel von Ursula Wöll, dank Internet erfährt jeder, der sich die Mühe macht dort zu recherchieren, wer wem mit den Blättchen wirklich Konkurrenz und dem Verbraucher ‚günstige‘ Angebote macht. Aus meinem alten Kochbuch (ca:1850): Vom GUTEN weniger ist besser als vom Schlechten Zuviel. Wohl bekomms!

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