Trockener Sommer

„Leute lassen ihre Hortensien nicht sterben“

Von Klaus Nissen

Dem Getreide und den Gartenpflanzen fehlt Wasser – doch die Trockenheit  ist noch nicht dramatisch.  Weil es seit Anfang Juni nicht mehr regnete, rechnen die Wetterauer Bauern mit einer schlechteren Ernte. Und die Gartenbesitzer müssen entscheiden, ob sie ihre Rasen mit Trinkwasser grün halten. In den Tiefbrunnen ist noch genügend Vorrat für weitere trockene Wochen, heißt es bei der Ovag.

Trockener Sommer

Die Blätter der Zuckerrüben werden in der Mittagssonne schlapp. Sogar der schwere Wetterauer Lehmboden hält in den oberen Zentimetern kein Wasser mehr. Foto: Nissen

In diesem Sommer gibt es keine Rekordernte aus der Goldenen Wetterau. Aber einen frühen Drusch. Zum Ende der ersten Juliwoche werden die ersten Weizenfelder abgeräumt, prophezeit Bernd Weber vom Hessischen Bauernverband. Das ist zwei bis drei Wochen früher als in anderen Jahren. Die Wintergerste ist schon fast völlig von den Wetterauer Feldern geerntet worden. Die Ernte-Mengen sind geringer als sonst, weil die Pflanzen zu wenig Wasser aufnehmen konnten. Oft wurden die obersten Körner der Ähren gar nicht richtig ausgebildet, sagt Florian Dangel vom Regionalbauernverband in Friedberg. Selbst wenn es am Donnerstag wie vorhergesehen bei Gewittern noch fünf bis zehn Liter pro Quadratmeter geben sollte, habe das beim Getreide keinen Effekt. Die Landwirte müssten sich auf geringere Einnahmen einstellen. Der Getreidemangel werde die Preise kaum steigen lassen, weil es in anderen Ländern gute Ernten gebe – und anderswo in Deutschland durchaus genug Regen fiel.

Auch beim Raps rechnen die Bauern mit niedrigeren Erntemengen. Die Ölpflanze musste im vorigen August und September auf nassen Böden gesät werden. Und im März beeinträchtigten Fröste das Wachstum der gelb blühenden Brassica napus. Der Mais und die Zuckerrüben leiden ebenfalls sichtbar unter dem Wassermangel – sie können sich bis zum Herbst aber noch erholen.

Das Gras wächst nicht mehr

Die vor allem in der östlichen Wetterau liegenden Wiesen und Weiden werden immer gelber. Der erste Heu-Schnitt im Juni war noch recht gut, sagt Florian Dangel. Danach wuchs das Gras auf den trockenen Böden aber nicht mehr. „Wir haben teilweise Anfragen, dass das Futter knapp wird“, so der Mann vom Bauernverband. Auf hessischer Ebene haben die Landwirte deshalb das Umweltministerium gebeten, die ökologischen Vorrangflächen mähen und dort Heu machen zu dürfen. In Bayern und Rheinland-Pfalz sei ihnen das erlaubt worden, in Hessen noch nicht. Für diese mit vielen Gräsern und Kräutern bewachsenen Flächen bekommen die Landwirte Beihilfen vom Staat.

Soll man wirklich Trinkwasser auf diesen schon vergilbenden Rasen sprühen? Lieber nicht. Und auf keinen Fall im hellen Sonnenschein, sondern lieber abends. Foto: Nissen

Der Trinkwasserverbrauch ist in diesen heißen Tagen gestiegen, erfuhr der Kreis-Anzeiger vom stellvertretenden Leiter der Ovag-Wasserwerke, Franz Poltrum. Der Verbrauch sei jetzt um fünf bis zehn Prozent höher als sonst. Normalerweise nehme er in den Sommerferien eher ab. Die Grundwasserpegel sind „entspannt“, so Poltrum. Die Tiefbrunnen speisen sich vor allem aus den winterlichen Niederschlägen im Vogelsberg, deshalb „kriegen wir das locker hin. Auch, wenn es noch vier Wochen lang so trocken bleiben sollte.“ Die Förderung müsse man dann drosseln, wenn die Wasserstände in Feuchtgebieten wie der Gänsweid und dem Mähried bei Inheiden sinken. Das sei zuletzt 2011 passiert. Damals bekamen die Frankfurter  von der Ovag weniger Trinkwasser als sonst. Momentan sieht Franz Poltrum keinen Anlass, auf das Wässern der Rasenflächen mit Leitungswasser zu verzichten.

Trinkwasser zu versprühen, widerstrebt Gerhard Knaus vom Bezirksgartenbauverband Büdinger Land. Doch das passiere nun, denn „Die Leute lassen ihre Hortensien nicht verdursten.“ Die Regentonnen seien ja leer, ohne Wässerung drohten Einbußen bei der Gemüse- und Beerenernte. Der in Düdelsheim wohnende Vize-Vorsitzende von rund 1400 privaten Gartenbesitzern in 13 Vereinen sagt: „Ich überlege gerade, ob ich mir eine Zisterne baue.“ Die halte mehr Wasser vor als die Regentonnen. Und wenn das Wasser vom Dach kommt, könne man zudem Kanalgebühren sparen.

Die Tomatenpflanzen lassen bei Trockenheit ihre Blätter schnell hängen. Nach einem Tag ohne Wasser sind sie hinüber. Foto: Nissen

Falko Büschken vom Gartencenter Christ in Stockheim findet die Zisternen-Idee gut: „Die Sommermonate werden ja immer trockner und heißer. Da holt man die Kosten für eine Zisterne nach einigen Jahren wieder heraus.“ Das Gießwasser aus dem Erdtank sei schön kühl und nicht mit Algen und Mückenlarven versetzt. Ob nun aus dem Tank oder der Leitung: Büschken rät, den Rasen möglichst nur in den Abendstunden zu wässern, damit die Feuchtigkeit in Ruhe Einsickern kann. Wer morgens wässert, riskiere Brand-Schäden durch die starke Sonne.

Apropos Brandschäden: Auch im Wetteraukreis drohen Feuer in den trockenen Wäldern. Das Wegwerfen glimmender Zigaretten und Grillfeuer im Wald sind verboten, so Kreisbrandinspektor Lars Henrich. Baumschnitt darf ebenfalls nicht verbrannt werden. Seit Samstag wurden in Butzbach und Rosbach auf zusammen 4000 Quadratmetern brennende Getreidefelder gelöscht. Am Montag geriet bei Friedberg auch ein Mähdrescher in Brand.

Was kann man tun, um den eigenen Gärten auch ohne Zisterne und Brunnen auf die trockeneren Sommer einzustellen? Falko Büschken rät dazu, mehr mediterrane Pflanzen einzusetzen, die nicht wie Hortensien jeden Abend gegossen werden müssen. Zum Beispiel Chinaschilf statt Bambus Und Eiben oder Wacholder statt des durstigen Buchsbaums, der wegen der Zünsler-Raupenplage ohnehin zum Tode verurteilt sei. Trockene Standorte lieben der ansehnliche Mauerpfeffer und Steinbrech. Und wer robuste mediterrane Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Lavendel und Salbei in den Garten setzt, könne die auch noch in der Küche verwenden.

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