Streit um Flüchtlinge

RP verbietet  Kasernen-BeschlagnahmungKaserne Friedberg

Es knirscht gewaltig zwischen den Behörden, die Notunterkünfte für Flüchtlinge bereitstellen müssen. Am Mittwoch hatte der Wetterauer Landrat Joachim Arnold die Friedberger US-Kaserne beschlagnahmt. Der Regierungspräsident macht das nun rückgängig. Die Folge: Bis zu tausend Flüchtlinge müssen länger in Sporthallen in Nidda leben.

Streit um Flüchtlinge

Das ist eine Ohrfeige für für die Wetterauer Katastrophenschützer: Sie mussten bis zum 30. Oktober Platz für 1000 direkt aus Östereich kommende Flüchtlinge schaffen – das hatte die Landesregierung dem Landrat Joachim Arnold befohlen. Der fackelte nicht lange und beschlagnahmte die seit zehn Jahren leerstehende US-Kaserne in Friedberg. Sie bietet recht gute Räume, die binnen vier bis sechs Wochen hergerichtet werden können. Ab sofort stehen zwei große Sporthallen in Nidda als Quartier bereit.

Kaserne Friedberg
Die Friedberger Kasernengebäude würden den Flüchtlingen eine menschenwürdiges Obdach geben. Doch der Darmstädter Regierungspräsident hat das am Freitagabend verboten. Foto: Klaus Nissen

Doch am Freitagabend kam der Paukenschlag: „Die rechtswidrige Beschlagnahme von Gebäuden in der früheren US-Kaserne  in Friedberg (…) ist unverzüglich zurückzunehmen“, meldete Dieter Ohl vom Regierungspräsidium Darmstadt kurz vor 18 Uhr.  Eine entsprechende Anordnung schickte das Regierungspräsidium ab,  nachdem sich der Landrat geweigert hat, diese Verfügung selbst zurückzunehmen. Die Verlegung von Wasser- und Stromleitungen in der Ex-Kaserne muss jetzt eingestellt werden. Die Folge ist: In den beiden Niddaer Sporthallen müssen die Flüchtlinge jetzt auf unabsehbare Zeit dicht an dicht auf Feldbetten übernachten.

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Die Betten haben die ehrenamtlichen Helfer der Feuerwehren gestellt, jetzt werden Decken und Handtücher verteilt. Foto: Wetteraukreis

Warum düpiert der Regierungspräsident die Wetterauer auf diese Weise?  Der superschnelle Aufbau der Notunterkunft sei nur eine „Bitte“ des Hessischen Innenministeriums gewesen, so Dieter Ohl. Landrat Arnold hat nach Ansicht der Darmstädter Kommunalaufsicht zu schnell gehandelt. Ehe er die Kaserne am Mittwoch per Fax beschlagnahmte, hätte er die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Besitzerin des Gelüändes anhören müssen. RP-Sprecher Ohl wörtlich:  „Durch die Nutzung der beiden Turnhallen droht derzeit keine Obdachlosigkeit der Flüchtlinge. Folglich mangelt es für die aktuelle Sicherstellung der Gebäude in der früheren US-Kaserne an einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut. Somit ist die Verfügung aufzuheben.“

Der Landkreis hätte die Kaserne auch deshalb nicht beschlagnahmen dürfen, weil er noch andere  eigene Gebäude oder Räume für die Flüchtlinge hätte bereitstellen oder mieten können – so das Regierungspräsidium. „Da in der Verfügung des Kreises nicht dargelegt ist, dass etwa keine anderen kreiseigenen Liegenschaften zur Verfügung stehen, kommt eine Inanspruchnahme der Kasernengebäude derzeit nicht in Betracht.“

Warum diese brüske Reaktion aus Darmstadt? Gut möglich, dass sich die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben beschwert hat. Sie schottete das mehr als 70 Hektar große Kasernengelände seit 2005 ab und hat bislang noch keine Pläne zur Folgenutzung vorgelegt. Das Land hat außerdem just jene beschlagnahmten Kasernengebäude für eine Ernstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge vorgesehen und könnte vergrätzt sein, dass der Landkreis sie nun einfach requirierte.

Bevor die Betten gestellt wurden_musste der Boden abgeklebt werden
Bevor in den Niddaer Sporthallen die Betten gestellt wurde, musste der Boden abgeklebt werden. Foto: Wetteraukreis

Ärgerlich ist die jüngste Entwicklung vor allem für die rund 5000 Bewohner der Niddaer Kernstadt. Sie werden die bis zu 1000 bald eintreffenden Flüchtlinge nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit in den beiden Sporthallen unterbringen müssen. Konflikte zeichnen sich schon jetzt ab. Der Schulsport muss in der nächsten Zeit weitgehend ausfallen – ebenso Kurse im Breitensport und Ligaspiele für die Handballer und Fußballteams in Nidda.

Am 30. Oktoberwurde derweil die Notunterkunft in Nidda fertig. Landrat Arnold lobte die Katastrophenschützer: „Ihr habt einen Riesenjob gemacht!“ Dass es geklappt hat, ist dem Einsatz der Feuerwehren aus Nidda, Florstadt, Gedern und Ober Mörlen sowie den Helferinnen und Helfern der Sanitäts- und Betreuungszüge der Wetterauer Hilfsorganisationen zu verdanken.

Die beiden Sporthallen am Gymnasium und am Schulzentrum in Nidda wurden mit stabiler Folie ausgelegt, dann wurden die vom Land gelieferten Feldbetten aufgebaut, Decken und Handtücher verteilt. Ein Veranstaltungszelt musste  aufgebaut werden. Hier am Schulzentrum findet die Essensverteilung statt. In der benachbarten Halle sind nur Familien und allein reisende Frauen untergebracht. Die alleinstehenden Männer werden in den nächsten vier bis sechs Wochen die Sporthalle am Gymnasium beziehen. Die ersten Flüchtlinge werden in der Nacht zum 1. November 2015 erwartet. Eine erste Gruppe wird aus Mannheim anreisen, die zweite Gruppe wird direkt aus Passau kommen.30 Bundeswehrsoldaten sollen bei der Versorgung der Flüchtlinge in Nidda helfen.

6 Gedanken zu „Streit um Flüchtlinge“

  1. Welche Schande für uns Deutsche, hier soll notleidenden Kriegsflüchtlingen geholfen werden und die „hessische (Landes)- Regierung verstösst gegen das Grundgesetz!
    Pfui Teufel! Armes Deutschland!!

  2. Hier wird gerade ein Land und seine Bevölkerung an den Abgrund geführt und die vermeintlichen gutmenschen singen,tanzen und klatschen immer noch Beifall.( so lange bis sie mit der Realität konfrontiert werden)

    1. In der Tat: Ignoranz und Dummheit stirbt nie aus, 1000 Menschen in der Turnhalle, denen ist auf Dauer auch nicht mit Kasernengebäuden geholfen – die widerrechtlich enteignet werden sollten. Mich würde mal interessieren, was so mancher von sich gäbe, wenn sein Häuschen beschlagnahmt wird auf Grund widerrechtlichen Beschlusses eines Landrates, Bürgermeisters oder Kanzlerin.
      Ich stimme zu: Deutschland wird gerad an den Abgrund geführt!

  3. Es ist ein Zeichen der Armut die unsere Politiker immer weiter in den Abgrund treibt und die Kommunen darüber nicht mitentscheiden dürfen!!!! Ich finde das Verhalten sehr sehr traurig was UNSER doch so hoch gelobtet Staat verbockt! Jeder hat das Recht auf Mitsprache doch davon bekommen wir „Dorfbewohner“ nichts mit alles wird über unsere Köpfe hinweg entschieden und wir denen es auch mal schlecht bis miserabel geht kommen wie immer zu kurz da ja fremden Leuten aus fremden Ländern mehr geholfen werden muss als der eigenen Bevölkerung!!! Armes Deutschland! Armes „Heimatland“

    Dies ist keine nationalsozialistische Äußerung sondern die Meinung eines deutschen Staatsbürgers! Ich hoffe dass, das Problem bald unter Kontrolle gebracht wird.

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