Spreewald krimireif

Landbote radelt in Brandenburg

Von Klaus Nissen und Bruno Rieb

Die Landbote-Redaktion ist fünf Tage lang an Spree, Oder und Neiße geradelt. Weil‘s so schön und spannend war – die Spree ist Krimiland – erzählen wir vom Gurken-Radler und einer Kahnfahrt, einer lauten polnischen Kneipe und einer Messerstecherei.

Eine Kahnfahrt, die ist spannend

Erst noch ein Schläfchen, bis es richtig dunkel ist. Dann geht es auf diesem Nacht-Kahn durch den düsteren Spreewald.

Der Spreewald ist so, wie ihn einschlägige Fernsehkrimis zeigen: Ein Gewirr aus Kanälen und etwas düster. Die Filme über Mord und Totschlag locken massig Touristen ins Reich der Wasserwege. In Lübbenau werden die Feriengäste in die Wasserwege gepumpt. Es ist das Herz des Spreewaldes. Ist schon ein Krimi darüber gedreht worden, wie für Hotelzimmer gemordet wird? Wäre hier eher Dokumentation als Fiktion. Wir bekommen zum Glück an einem ganz normalen Dienstag nach langer, vergeblicher Suche doch noch eins mit freundlicher Unterstützung der Touristen-Information, ohne selbst tatkräftig nachhelfen zu müssen, aber teuer und in einem Vorort. Aber immerhin direkt an einem Kanal gelegen.

Eine Oderbrücke. Die Verkehrsverbindungen nach Polen sind ausbaufähig.

Auf dem kommt am späten Abend ein Eingeborener mit einem Kahn angestakt. Auf die Frage: „Dürfen wir mitfahren?“ antwortet der wirklich: „Es ist noch Platz.“ Der kostet allerdings Geld. Die Investition lohnt sich: Es gibt viel Kanal zu sehen, viel Wald, wenig Wiesen und  entlegen wirkende Häuschen, in denen warmes Licht aus Küchen- und Wohnzimmerfenstern leuchtet. Dazu erzählt der mühsam stakende Spreewälder fleißig Geschichten von Fernsehteams, die Krimis drehen, von vielen Häusern, die nur über die Kanäle zu erreichen sind, und davon, dass es besser ist, den Stab, mit dem der Kahn geschoben wird, loszulassen, wenn er sich in einer Wurzel am Grunde des Kanals verhakt. Das klingt doch krimireif: Die Leiche eines Mannes treibt in einem Kanal. Das Ermittlerteam ermittelt eineinhalb Stunden in alle Richtungen: die eifersüchtige Ehefrau, die Geliebte, die enttäuscht ist, weil er sich nicht scheiden lassen wollte, der gemobbte Mitarbeiter, die Spielschulden … Zwischendurch wird der Zuschauer detailliert über die Eheprobleme der Ermittler informiert. Dann das große Finale: In einer Rückblende wird gezeigt, wie der Mann in einem Kahn steht und das Boot mit kräftigen Stößen vorantreibt. Plötzlich verhakt sich die Spitze des Stabs in einer Wurzel am Grund. Ein Ruck. Der Mann lässt nicht los und fliegt über Bord, knallt mit dem Kopf an einen Stein am Ufer des schmalen Kanals und ertrinkt.

Gurken, Gurken, Gurken

Empfangen hat uns zuvor im Spreewald eine Gastwirtschaft namens Bismarck-Schänke. Sie liegt bei Burg neben einem Bismarckturm aus roten Ziegeln. Auf der Speisekarte stehen keine Heringe, sondern eher Gurken aus dem Spreewald.  Wir verspeisen von einem großen Teller drei verschiedene Sorten eingelegte Gurken und Schmalzbrote. Dazu gibt es Gurken-Radler (Bier mit Gurkensaft) zu trinken. Die sauren Gurken und die Schmalzbrote schmecken lecker.

Gurken mit Schmalzbrot, dazu Gurken-Radler.
Gubin lohnt sich wirklich
Nun ja, Glamour sucht man bei dieser Unterkunft in Gubin vergeblich. Aber dafür ist sie unschlagbar preisgünstig.
Und noch ein Gericht aus der Lieblingskneipe der Landboten. In der Bismarckschänke gibt es übrigens auch Hefeplinsen!!

Vom Spreewald geht es durchs „wildromantische“ (Originalton Radkarte Brandenburg) Schlaubetal an die Oder und weiter an die Neiße. Auch hier versuchen wir, spontan ein Hotel oder eine Pension zu finden. Das treibt den Adrenalinspiegel, besonders, wenn man damit erst gegen 18 Uhr anfängt.  Auch hier ist alles ausgebucht. Diesmal rettet uns keine Touristeninformation, sondern das gastfreundliche polnische Volk. Denn jenseits der Oderbrücke liegt das polnische Gubin.  Da können wir uns problemlos in Lechs Motel einquartieren. Zu einem Preis,  den wir reiferen Herren zuletzt vor einigenJahrzehnten in der Jugendherberge bezahlt hatten. Und das Bier kostet nur wenig mehr als ein Toilettenbesuch in Lübbenau. Für wenig Geld konnte man ganz viel davon trinken. Das haben die eher jugendlichen Gäste der Kneipe auch getan, in der wir später landen. Sie unterhielten sich ausgelassen in einer Lautstärke, gegen die der Anpfiff eines Fußballspiels von Schalke 04 wie eine Schweigeminute erscheint.

Die unerschrockenen Landboten in Cottbus. Auf dieser Straße gehen sich wenige Tage später Einheimische und Syrer gegenseitig an die Gurgel.

Nachdem in Gubin unser Gehör eine harte Prüfung überstanden hat, werden in Bad Muskau die Geschmacksnerven getestet: „Steak Lausitzer Art“. Das besteht aus einer dicken Schicht Meerrettich, auf der liegen dicke Scheiben von Gewürzgurken und oben drauf auf alledem sitzt ein Berg gebratener Zwiebelringe. Sollte nun jemand erschrocken den Kopf schütteln oder einen Würgereiz verspüren: Gemach, gemach! Das Rezept funktioniert! Das Steak Lausitzer Art schmeckt köstlich.
Um Krimis zu erleben, muss man nicht mitten in den Spreewald reisen. Es kann auch am Rande des Kanalgeflechts in der Niederlausitz spannend werden. Als wir abends zu unserem Hotelmitten  in Cottbus zurückkehren, ist die Straße davor in flackerndes Blaulicht getaucht. Die Polizei sichert den Tatort, und Rettungswagen fahren emsig hin und her. In den Nachrichten des lokalen Radiosenders erfahren wir am nächsten Tag, dass Teilnehmer eines Junggesellenabschieds mit einer Gruppe Ausländer aneinander geraten war. Der Streit wurde mit Messern ausgetragen. Es gab fünf Verletzte. Ob einschlägige Krimis die Vorlage für das Gemetzel waren – oder umgekehrt?

2 Gedanken zu „Spreewald krimireif“

  1. ein toller Bericht mit allen seinen “ Reizen“ der Wasserkanäle (wo bleiben die Mücken)im Osten Deutschlands ,was man selbst erleben muss.
    Es lohnt sich dort zu radeln´.
    Bernd aus Leipzig,

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