Roland Bernau ermittelt

„Patientenrache“ von Olaf Jahnke

Von Corinna Willführjahnke1

Roland Bernau ist ein echter Kerl. Einer, der sich aufs Sofa fläzt. Dem beim Anblick einer gewissen Julia der Blutdruck steigt. Und der ermittelt: Zunächst nach den Körperverletzungen eines Versicherungsmitarbeiters im Frankfurter Bahnhofsviertel und eines Kollegen in Bad Homburg. Schließlich zum Tod des Chefarztes einer Fuldaer Klinik. Kurzum: Ronald Bernau, Ex-Mitarbeiter des BKA, ist Privatdetektiv – und hat im zweiten Krimi von Autor Olaf Jahnke „Patientenrache“ jede Menge aufzudecken. Im Gesundheitsbetrieb, wo man doch erwarten sollte, dass alles nach Recht und Gesetz zugeht. Mitnichten.

Chefarzt ermordet

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Olaf Jahnke. (Foto: Größenwahn-Verlag)

„Patientenrache“ aus dem Größenwahn-Verlag liest sich wie nix. Heißt: Mit den 280 Seiten des Kameramanns, Reporters und Autors, geboren 1963 in Uelzen, kann man schon mal eine schlaflose Nacht verbringen. Oder eine lange Zugfahrt. Zumal, wenn diese vielleicht von Kronberg über Bad Homburg nach Frankfurt und Fulda führt. Denn dies sind die „Tatorte“, an denen der Protagonist Roland Bernau ermittelt. Schließlich wird Opfer Nummer eins in seinem Krimi im Frankfurter Bahnhofsviertel verprügelt, Opfer Nummer zwei in Bad Homburg zusammengeschlagen. Während beide die Attacken von Unbekannten aus unbekannten Gründen überleben, stirbt Professor Krahe, der pensionierte Chefarzt eines Fuldaer Klinikums, scheint’s glücklich verheiratet aber mit einer Liason, im Rotlichtviertel der Mainmetropole. „Dass ihn jemand umpustet, kam doch eher überraschend. Ich sehe da nur bedingt einen Zusammenhang. Die anderen Opfer hat man lediglich verprügelt“, heißt es da auf Seite 43. Allein: Der Leser ahnt schon nicht einmal im ersten Drittel des Buches, dass es einen Zusammenhang gibt. Mehr noch, dass dieser mit „Patientenrache“ zu tun hat. Drum ist der Titel unglücklich gewählt.

Da hilft es auch nicht, dass die vermeintlich Verdächtigen, alle Geschädigte nach einer Krankenhausbehandlung oder Opfer ärztlicher (Fehl-)Diagnosen, ein vermeintliches Alibi haben. Beziehungsweise aufgrund ihrer Beeinträchtigungen sowieso nicht in der Lage sind, die zunehmend eskalierende Gewalt zu verüben. Als „Angreifer, die mit einem auffälligen Motorrad immer härtere, schließlich tödliche Überfälle verüben“ kommt schließlich keiner von ihnen in Frage. Oder doch?

Vertrauen, Betrug und Gesundheit

„Die menschlichen Schicksale, die hier beschrieben werden, sind bittere Realität“, heißt es auf dem Klappentext des im Größenwahn-Verlags erschienenen Krimis. Dass Olaf Jahnke „im Rahmen seiner jahrelangen Arbeit für Fernseh- und Zeitungsreportagen“ viele Erfahrungen über „Vertrauen, Betrug und Gesundheit“ gemacht hat, ist ihm nicht zu nehmen. Sie in einen Krimi als fiktive Ereignisse zu packen, nicht in eine Dokumentation ist die freie Entscheidung des Autors.

Aber ein Krimi mit „Sachanhang“, der als erstes eine Definition des Bundesministeriums für Gesundheit für Behandlungsfehler aufführt, aufmerksam macht auf Mängel in der Krankenhausversorgung – und zum Ende des Buchs „eine gute Rechtsschutzversicherung“ empfiehlt, lässt einen Krimi-Leser doch irritiert zurück. Wäre da der „Stoff“ mit den authentischen Erfahrungen des Autos nicht in einem anderen Genre besser aufgehoben gewesen?

Opfer werden Täter

Mit der letzten Seite von „Patientenrache“, also der Lektüre einer mehrstündigen Zugfahrt, mögen nun auch die Bilder verschwinden, die sich beim Lesen des neuen Falls von Roland Bernau einstellten: Bilder von Mattula, dem Privatdetektiv in der ZDF-Serie „Ein Fall für Zwei“ in Gestalt des Schauspielers Theo Gärtner. Der hat auch mir nichts dir nichts im Rotlichtviertel ermittelt, Sekretärinnen verführt und sich in den oberen Gesellschaftsschichten trotz Lederjacke stets souverän bewegt.

Soviel zu einem der Klischees, die sich bei der Lektüre und damit in der fiktiven Begegnung mit Roland Bernau aufdrängen. Was durch sie in den Hintergrund tritt: das Thema, um das Olaf Jahnke in seinem Kriminalroman geht: um Versicherungsinteressen, medizinische Schadensfälle, Patientenbedürfnisse und die Macht der Justiz – und damit um Menschen, die Täter werden, weil sie Opfer wurden.

„Patientenrache“ von Olaf Jahnke, Größenwahn-Verlag Frankfurt 2016, 295 Seiten, 16,90 Euro.
www.groessenwahn-verlag.de

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