Lebendig im Sarg?

So verhinderte die Obrigkeit Tragödien

Der Blick in alte Amtsblätter birgt Einsichten ins pralle Leben unserer Vorfahren. Petra Schnelzer von der Pressestelle des Wetteraukreises hat bei ihrem Besuch im Archiv ein eher morbides Thema entdeckt.  Im Amtsblatt Nummer 5 aus dem Jahr 1843 ist von einer polizeilichen Bekanntmachung zu lesen, „betreffend: Das zu frühe Beerdigen der Todten, sowie die Beerdigung der Todten in medicinisch-polizeilicher Hinsicht“.

Lebendig im Sarg?

„Zur größeren Beruhigung, daß nicht Scheintodte dem Grabe und damit dem fürchterlichen und verzweiflungsvollen Todeskampfe überliefert werden“, wurde verfügt: „Sobald ein Sterbefall sich ereignet, oder ein Mensch plötzlich, oder nach vorausgegangener Krankheit aufhört, Zeichen des Lebens zu äußern und darnach für todt gehalten wird, haben diejenigen, denen die Pflicht der Beerdigung obliegt, die Stunde des Ablebens unverzüglich denjenigen Beamten anzuzeigen, welche die Sterberegister zu führen und die Erlaubnis zur Beerdigung zu ertheilen haben.“

So hat Harry Clarke anno 1919 Edgar Allan Poes Geschichte über einen lebendig Begrabenen illustriert. Die Geschichte erschien 1844. Zeichnung: Wikipedia

„Der Verblichene ist von dem Augenblick der letzten Lebensäußerung an wenigstens 8 Stunden lang auf dem Sterbelager ruhig liegen zu lassen.“ Und weil man in diesen Zeiten nicht immer ein Krankenlager für sich allein hatte, gleich noch vorsorglich diese Anordnung: „Ihn vor Ablauf dieser Zeit aus dem Sterbebette zu bringen, kann nur in dem Falle nachgelassen werden, wenn von zwei Kranken, welche in einem Bette liegen, einer stirbt, oder wo, zumal nach ansteckenden Krankheiten, die Zeichen der Verwesung schnell eintreten.“

Nicht immer ging es nach dem Ableben eines Menschen in gediegener Ruhe zu, denn in der Verordnung steht auch folgendes: „Der hier und da übliche Gebrauch, dem kaum Erblaßten das Kissen unter dem Kopfe wegzuziehen, ihm Nase und Mund zuzubinden, das Gesicht zu bedecken, Brust und Unterleib zu beschweren, ist höchst verwerflich und daher zu unterlassen, weil hierdurch ein etwa Scheintodter natürlicher und begreiflicher Weise nur zu sehr dem wirklichen Todte ausgesetzt wird.“

Nach Ablauf der acht Stunden sollte der Verstorbene in ein Leichenschauhaus oder einen, “mit reiner Luft versehenen, wo möglich im Winter erwärmten Ort“ gebracht werden. Dort wurde er bis zur Beerdigung aufbewahrt.

Den Tod stellten Ärzte und Wundärzte fest, und dort, wo es keine gab, auch Leichenbeschauer. Als Leichenbeschauer waren Ortsbewohner zu wählen, die „rücksichtlich ihres Rufs untadelhaft und des Lesens und Schreibens, wie nöthig, kundig erscheinen, vorzugsweise Barbiere, Heilgehülfen, Krankenwärter – unter Zuziehung der betreffenden Physikatsärzte – und von diesen für ihre Dienstverrichtungen gehörig zu instruieren.“

Wer zu flache Gräber buddelte, musste büßen

Auch für das Beerdigen gab es natürlich Vorschriften. Nur eine als Beispiel: Wer von der Vorschrift, „daß jedes Grab 6 – 7 Fuß tief ausgegraben werden müsse, zuwider dasselbe minder tief verfertigt, oder von der vorgeschriebenen reihenweisen Grabverfertigung abweicht“, auf den wartete eine Straße von ein bis drei Gulden.

Bis ins 19. Jahrhundert hatten vielen Menschen offenbar Angst, dass Verstorbene als Geister wieder auferstehen würden. Deshalb wurden Leichen beschwert und schnell beseitigt. Womöglich daher stammt auch die gegenteilige Angst, noch bei lebendigem Leibe begraben zu werden.  Weitere Informationen darüber bietet Wikipedia hier.

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