Busverkehr

Wünsch Dir einen Bus

Von Klaus Nissen

In Wetterau, Vogelsberg und Kreis Gießen wird der öffentliche Nahverkehr für die Zeit von 2020 bis 2025 geplant. Wo sollen  die Busse fahren? Wie viele und mit welcher Ausstattung? Und wie oft sollen sie täglich zur nächsten größeren Stadt verkehren? Zum ersten Mal liefern nicht nur Politiker und Interessenverbände Anregungen.  Erstmals fragen die Planer auch die Bevölkerung um Rat.

Mehr Busverkehr im Westen

Wer Ideen hat, kann sie ab sofort auf einer Internetseite mit dem schönen Namen nvp-zov.igdb.de eintragen. Wie lang so eine Anregung sein darf, ist nicht begrenzt; sie kann mit einer Mailadresse oder auch anonym eingegeben werden. Man kann dort auch Lufttaxis für den öffentlichen Personentransport in den Kreisen Wetterau, Vogelsberg und Gießen fordern, sagt Stefan Klöppel, Chef von ZOV-Verkehr. Doch je realistischer und konstruktiver eine Anregung ist, desto wahrscheinlicher fließt sie in den neuen Nahverkehrsplan ein.

Ein Bus der Linie 32 nimmt an der Friedberger Kaiserstraße Passagiere auf. Sechs Linien halten dort – eine fährt auch nach Büdingen. Foto: Nissen

Der aktuelle Nahverkehrsplan, der die Ausstattung und die gewünschten Fahrtzeiten und Linien beschreibt, wiegt satte 1,2 Kilo. Nachlesen kann man ihn im Internet.  Der nächste soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Was hinein gehört, haben die Kommunen, Kreise und Verbände schon formuliert. „Wir wollen auch wissen, was die Fahrgäste wollen“, sagt der Chefplaner Gerhard Muth-Born. Bisher war das offenbar nicht der Fall. Stellungnahmen auf dem Online-Portal sollten möglichst bis zum 14. September 2018 abgegeben werden, aber auch danach nehme es Anregungen auf.

Der Alsfelder SPD-Politiker Swen Bastian nennt als Leiter des Verkehrsausschusses im ZOV-Zweckverband  die Wünsche der Politiker und Verbände. Im Kreis Gießen fordern sie für die Zukunft abends mehr Busse im Einsatz. Im Vogelsbergkreis wolle man mehr Züge, die über Gießen direkt nach Frankfurt fahren. Außerdem Schnellbusse aus dem Bereich Grebenhain und Mücke nach Fulda und Wächtersbach. Und eine bessere Anbindung der Gemeinden um Homberg/Ohm nach Marburg.

Die Wetterauer Politiker und Verbandsfunktionäre fordern den Einsatz kleinerer Busse, die auch mit Elektromotoren und Wasserstoff-Antrieben ausgerüstet sein sollen. In Richtung Frankfurt sollen auch Verbindungen abseits der überlasteten Main-Weser-Bahn gefunden werden. Für große Konzerte, bei Theater-Events und zu Ausflugszielen müssten öffentliche Busse die An- und Abreise ohne eigenes Auto ermöglichen.

Sie sind für die Buslinien in drei Kreisen zuständig: von rechts Chefplaner Gerhard Muth-Born, Swen Rischen vom Verkehrsausschuss des Zweckverbandes Oberhessische Versorgungsbetriebe und Stefan Klöppel, Chef der ZOV-Verkehr. Foto: Nissen

Unabhängig davon gibt es eine gesetzliche Soll-Vorschrift (aber kein Muss), ab 2020 alle Haltestellen barrierefrei zu gestalten. Die Busse haben schon alle Rampen für Rollstuhl- und Rollatorfahrer. Doch höhere Einstiegkanten fehlen noch an den meisten Haltestellen. Für Büdingen waren vor fünf Jahren zum Beispiel 87 Haltestellen im Plan, von denen keine mit Hochbord ausgestattet war und nur 43 Prozent über eine Sitzgelegenheit verfügten. In Nidda hatten von den 93 Haltestellen 17 Prozent erhöhte Steige und 57 Prozent Sitzgelegenheiten. In Ortenberg waren von 54 Haltestellen vier Prozent mit Hochbord und 46 Prozent mit Sitzen ausgestattet. Es gibt also noch einiges zu tun.

Wo mehr Menschen wohnen, fahren auch mehr Busse. Im Westen, zwischen Bad Vilbel und Gießen, gilt deshalb der Stundentakt. mit  je 16 Hin- und Rückfahrten pro Tag, im dünner besiedelten Osten fahren die Busse meist nur alle zwei Stunden die Haltestellen an.

Die Spezialisten von der ZOV-Verkehr planen auf eigene Kosten auch die bessere Ausstattung der regionalen Bahnhöfe – und die Wieder-Öffnung der Horlofftalbahn zwischen Wölfersheim und Hungen. Ob und wann die tatsächlich wieder von Zügen befahren wird, ist momentan nicht absehbar. Die geschätzten Sanierungskosten sind inzwischen auf weit über 20 Millionen Euro gestiegen.

So funktioniert der Busverkehr

Die Landkreise Wetterau, Vogelsberg und Gießen besitzen zusammen die Oberhessischen Versorgungsbetriebe, die sie in der Holding-Gesellschaft  OVVG über einen mit Politikern besetzten Zweckverband (ZOV) kontrollieren. In dessen Verkehrsabteilung plant ZOV-Verkehrschef Stefan Klöppel  gemeinsam mit  Gerhard Muth-Born  den Bus- und Bahnverkehr in den drei Kreisen.

In dem rund 340 Quadratkilometer großen Gebiet liegen 62 Städte und Gemeinden mit insgesamt 665 000 Einwohnern. 1700 Haltestellen werden von rund 225 Bussen auf 80 Buslinien und über 45 Bedarfsverkehren (Anrufsammel- und Anruflinientaxen) angefahren. Darüber hinaus ergänzen 30 Regionalbuslinien und neun Schienenstrecken das ÖPNV-Angebot in Oberhessen. Allein im Vogelsbergkreis fahren die Busse pro Jahr 2,5 Millionen Kilometer. Gut zwei Drittel der Passagiere sind Schüler und Auszubildende. Nur 17 Prozent der Passagiere kaufen in der Wetterau Einzelfahrkarten. Im Vogelsbergkreis sogar nur acht Prozent.

Dieses Verkehrssystem kostet viele Millionen.  Ein Bus-Kilometer im Liniendienst schlägt laut Stefan Klöppel mit zwei bis acht Euro zu Buche. Wenn ein Bus eine 30 Kilometer lange Strecke bedienen müsse, seien schon mal 500 Euro am Tag fällig. Aus dem Fahrkartenverkauf erlösen der Rhein-Main-Verkehrsverbund und die ebenfalls zur OVVG-Holding gehörende Oberhessische Verkehrsgesellschaft (OVG) nur etwas mehr als die Hälfte der Kosten. Der große Rest kommt aus den Gewinnen der Ovag beim Vertrieb von Strom, Wasser und Gas.

Die Seite für Bürger-Anregungen zum Bus- und regionalen Bahnverkehr:

http://www.nvp-zov.igdb.de

Der aktuelle Nahverkehrsplan steht hier.

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