Botanische Konzerte

Eine Picknick-Variante im Grünen

Von Ursula WöllBotanische-Konzerte

Das Institut für Musikwissenschaft und -pädagogik der Uni Giessen lädt auch in diesem Jahr zu seinen mittlerweile legendären Konzerten in den Botanischen Garten ein. Dr. Ekkehard Jost, Jazzwissenschaftler und Saxophonspieler, konnte es auch als Professor im Ruhestand nicht lassen und stellte wiederum das Programm der vier Sonntags-Matineen zusammen. Am 7. Juni begann die Reihe, es spielte die Gruppe ‚Duende‘ virtuos
eine Kreuzung aus Flamenco und Jazz.

Eine Stunde Musik vom Feinsten

Ich machte mich zeitig auf den Weg, denn die Erfahrung des letzten Jahres lehrte, dass die Reihen der schlichten Holzbänke vor der „Konzertmuschel“ aus Segeltuch schnell besetzt sind. Suchte man wie ich einen Platz im Schatten der hohen Bäume, war Eile doppelt geboten. Wer es dagegen sonnig liebte, hatte sich einen Panama-

Ekkehard Jost, Jazzwissenschaftler und Saxophonspieler
Ekkehard Jost, Jazzwissenschaftler und Saxophonspieler

Strohhut oder ein Käppi aufgesetzt. Manche brachten ihren eigenen Klappstuhl mit oder einen Kolter, auf dem sie sich malerisch im Gras am Fuß der Baumriesen gruppierten. Andere wurden von ihren herumvagabundierenden Kindern in Trab gehalten. Schon der Anblick dieses riesigen grünen Zimmers mit seiner blauen Decke und den erwartungsfrohen Besuchern machte glücklich. Der Uni-Präsident begrüßte kurz das Publikum, der Arme war im Dienst und daher im Anzug erschienen.

Legendäre Botanische Konzerte

Dann eine Stunde Musik vom Feinsten. Die Flamenco-Anklänge, wenn auch stark verjazzt, ließen mich an einen lange vergangenen Andalusien-Urlaub denken. Zumal in der Sitzreihe hinter mir Spanisch geplaudert wurde. Bei der Musik vorne entdeckte mein ungeschultes Ohr Anleihen an arabische Musik und Gitano-Musik. Damals, als ich in einem Workcamp half, eine römische Mauer freizulegen, hatte Juan nach dem gemeinsamen Essen spontan zur Guitarre gegriffen und ähnliche Töne produziert. Na ja, vielleicht hatte er die populären Weisen nicht so sehr variiert und mit Jazz fusioniert, wie es die Gruppe „Duende“ in Giessen tat. Auch bestand die Kulisse in Giessen aus grünen Laubbäumen und nicht aus grauen Olivenbäumen.

Glück und Harmonie

Mit dem Publikum erlebte ich also eine gute Stunde voller Glück und Harmonie in diesem kleinen aber feinen Botanischen Garten, mitten in der Stadt gelegen. Der ist übrigens der älteste überhaupt, seine Anfänge wurzeln im Jahr 1609. Schon auf dem Heimweg holte mich die Wirklichkeit ein. Im Autoradio hörte ich, dass das oberste saudi-arabische Gericht verfügte, dass der eingekerkerte Internet-Aktivist Raif Muhammad Badawi alle 1000 Stockschläge erleiden soll. Im Januar hatte er bereits 50 davon erhalten. Veranstaltungen wie die Botanischen Konzerte sollten wir trotzdem genießen, weil sie Kraft für Proteste gegen Ungerechtigkeiten geben. Deshalb hier die restlichen drei Termine:
Am Sonntag, 14. Juni, 11 Uhr, bieten die Musiker Lenz, Kubach und Johnson „Blues, Bop & Ballads“,
am Sonntag, 28. Juni, 11 Uhr, stehen Lieder unterschiedlicher Herkunft und Musikstile der Gruppe ‚Balladeire‘ auf dem Programm,
am Sonntag, 12. Juli, 11 Uhr ,’Free Spirits‘, vier musikalische Freigeister, unter ihnen Ekkehard Jost, spielen Jazz jenseits stilistischer Grenzen.

Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht. uni-giessen/konzerte

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